Zum Inhalt springen

Francesca da Rimini

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: F. W.
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Francesca da Rimini
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 473, 480
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[473]

Francesca da Rimini.
Nach dem Oelgemälde von Ludwig Hofmann-Zeitz.

[480] Francesca da Rimini. (Mit Illustration S. 473.) Dante, der größte italienische Dichter des Mittelalters, schildert uns in seinem berühmten Liede die Hölle mit ihren Qualen, ihrem furchtbaren Sehnen, Leiden und dem trostlosen Trauern um die auf Erden begangene Schuld. Dabei erzählt er in den einzelnen Gesängen die Schicksale der großen Geschlechter seiner Zeit. Eines der rührendsten ist die Geschichte der Franziska von Rimini, einer edlen Frau aus fürstlichem Geschlechte. An dem flachen Gestade des adriatischen Meeres liegt das altberühmte Ravenna, wo die spätrömischen Kaiser, die Könige der Gothen, wo Bischöfe residirt haben, deren Macht in den ersten Jahrhunderten der Christenheit derjenigen der römischen Päpste fast gleichkam. Herr und Gebieter von Ravenna war später Guido Polenta, der mit seinem Nachbarn, dem Gebieter von Rimini, Johann Malatesta, in ständiger Fehde lebte. Um diese beizulegen, ward unter den beiden Geschlechtern verabredet, daß des Guido Polenta holdselige, schöne und tugendsame Tochter Franziska einem Sohne des Malatesta von Rimini die Hand zur Ehe reichen solle.

Malatesta besaß zwei Söhne, den wilden, garstigen, aber tapferen Johann, den sanften, schönen, reinen Paul. Der alte Guido zog den energischeren Schwiegersohn als den besseren Verbündeten vor, fürchtete jedoch, daß die zartsinnige Franziska den wilden Freier abweisen werde. Da ward der zweite Bruder, der edelherzige, sanfte Paul, an den Hof von Ravenna gesendet, um die Braut zu werben. Vom Söller ihres Schlosses aus sieht Franziska den strahlend schönen Ritter über den Hof schreiten, eine der Frauen verräth ihr, daß dies der junge Malatesta von Rimini sei, ihr Herz wird von glühender Liebe erfaßt, sie preist sich glücklich, daß aus der Verbindung, welche Staatsklugheit und Interesse geschlossen, ein Bund zweier liebender Herzen erblühen solle. Paul wird von gleicher Leidenschaft für die holde Franziska erfaßt, er wurde nach der im Mittelalter an Höfen herrschenden Sitte der Erwählten seines Bruders angetraut; die beiden Glücklichen ließ man zunächst in der Meinung, daß die Ehe zwischen ihnen geschlossen sei.

Schrecklich war das Erwachen aus dem schönen Traum, als Franziska in Rimini ihrem eigentlichen Gatten, dem älteren Bruder des schönen, heißgeliebten Paul, dem wildtrotzigen Johann, zugeführt ward. Wohl blieb sie dessen rechtmäßige Gemahlin, aber das blutende Herz blieb dem Geliebten in aller Keuschheit treu. Ein holdes, reines Minneleben verband die Beiden am Hofe von Rimini, ein inniger Verkehr der Herzen ohne jede Schuld. Doch dem rauhen, bösgearteten Bruder ward die Liebe der Beiden verrathen. Von Eifersucht entbrannt, verfolgte der Wütherich Malatesta den Bruder, er schleuderte das Schwert nach ihm, und da Franziska sich zwischen den Geliebten und die Waffe warf, durchbohrte das Schwert sie Beide.

In den Schauern des Höllentrichters zwischen schwerem Gewölk, kalter Regenfluth, grausigem Winde erblickt Dante, wie er in seiner Schilderung der Hölle erzählt, diese Beiden, die, ohne Sühne und Buße gestorben, nun hier umherzuirren verdammt sind. Auch der Tod hat die Liebenden nicht zu trennen vermocht, das scharfe Schwert, das sie durchbohrt, steckt noch in ihren Körpern, die, innig an einander geschmiegt, von dem Winde, der den Höllenschlund durchbraust, leicht emporgetragen werden. „Wie Tauben stracks die Luft mit offnen Schwingen durchfliegen, von dem eignen Trieb getragen, so kamen aus der Schar … auf uns heran sie durch die argen Lüfte.“ Liebe, Liebe bis über den Tod hinaus ist ihr Verschulden, ist ihr Glück, ihre seligste Erinnerung. Alle die anderen Schatten haften am Boden, bewegen sich in düsterem Gewölle, trauern einsam. Franziska von Rimini aber, umschlungen von dem Geliebten, schwebt hinauf, getragen von der Luft zu dem Bereich seliger Liebe, in dem selbst Marter und Seelenleiden ihre Macht verlieren. Das Lied des großen Dichters hat das Schicksal Beider unsterblich gemacht, des Paul Malatesta und der Franziska von Rimini. F. W.