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Flüssige Kohlensäure in der Erdrinde

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Textdaten
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Autor: Bw.
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Titel: Flüssige Kohlensäure in der Erdrinde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 22, S. 372
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[372] Flüssige Kohlensäure in der Erdrinde. Die Herstellung der flüssigen Kohlensäure im großen, welche in der Technik und Industrie vor kaum einem Menschenalter als große Errungenschaft bezeichnet wurde, ist im Haushalte der Natur bereits vor Millionen Jahren geübt worden. Ja, der unerschöpfliche Gehalt vieler Quellen, besonders im Taunus, an Kohlensäure ist nicht etwa auf gasförmige Vorräte der Erdrinde zurückzuführen, sondern auf flüssige Kohlensäure, die besonders in den Granit- und Gneisschichten, also den ältesten Gesteinen der Erdrinde, enthalten ist. Diese Schichten, welche bis zu einem Drittel ihres Volumens mit Quarzeinschlüssen untermischt sind, enthalten, in letztere eingesprengt, unzählige Tröpfchen flüssiger Kohlensäure, welche zwar, einzeln betrachtet, mikroskopisch klein sind, aber dennoch, in ihrer Gesamtheit und auf den gasförmigen Zustand reduziert, unermeßliche Mengen des Gases darstellen, welches in unserer Atmosphäre nur noch in Spuren vorhanden ist. Wie Prof. Laspeyres mitteilt, enthält nach den bisher untersuchten Proben ein Kubikmeter quarzhaltiger Granit oder Gneis bis zu 15 Liter flüssige oder 7 Kubikmeter gasförmige Kohlensäure. Da aber die Dicke der Gneis- und Granitschichten, welche das ganze Gerüst des Erdkörpers bilden, nach Tausenden von Metern mißt, so würde ihr Einschluß an flüssiger Kohlensäure gewiß hinreichen, um eine Erdatmosphäre aus reiner Kohlensäure zu bilden, welche höher als die jetzige Luftschicht unsres Planeten wäre. Bei der unterirdischen Zersetzung der Gesteine durch Hitze, Druck oder Wasser wird natürlich die Kohlensäure frei und steigt in gewissen aus großer Tiefe kommenden und deshalb heißen Quellen mit zu Tage. Ein Gneiswürfel von 1000 m Breite würde z.B. die Quellen von Pyrmont über 300000 und die von Oeynhausen beinahe 100000 Jahre mit Kohlensäure versorgen können, und selbst die ungewöhnlich starke Quelle im Brohlthal, die in jeder Stunde 90 Kubikmeter Kohlensäure zu Tage bringt, hätte an einem Kubikkilometer Granit für 9000 Jahre genug.

Solche flüssigen Einschlüsse im Gestein sind nichts Seltenes, auch das Erdöl der amerikanischen Petroleumquellen ist meistenteils in Gestalt feiner Tropfen in die dortigen, freilich jüngeren Gesteinsschichtungen versprengt. Es läßt sich leicht vorstellen, daß in der Urzeit der Erde, als die sie umgebende Atmosphäre noch ganz oder größtenteils aus Kohlensäure bestand und eben die Bildung der Gneis- und Granitschichten begann, Kohlensäure in Mengen verflüssigt und in die Poren der Gesteine eingeschlossen worden ist, wie dies später mit den Erdölen und Erdölgasen geschah. Die zu solchen Wirkungen fähigsten Mächte, Zeit, Druck und Wärme, haben ja im Verlaufe der früheren geologischen Epochen stets in unbegrenztem Umfang zu Gebote gestanden. Bw.