Feldsee
Hat man von dem furchtbar-schönen Todtnauer Thal aus über Brandenberg den Feldberg erstiegen, so zieht sich der Weg eine Zeitlang auf der fast wellenförmigen Hochebene fort bis zu dem östlichen Abhange desselben. Nun erblickt man auf einmal in einer schauerlichen Tiefe von mehr als 2000 Fuß unter sich, jedoch noch in einer Höhe von 2287 Fuß über dem Meeresspiegel, einen schwarzgrauen, kleinen, kreisförmigen See, mit düstern Tannen und Föhren, von welchen viele Stämme, theils vom Blitze verkohlt, theils vom Sturme hiehergeschmettert, umherliegen, begrenzt. Dieser See heißt der Feldsee, ist über 13 Morgen groß, und soll gute Lachsforellen enthalten. Seine schwarze Tintenfarbe, in Verbindung mit der finstern Nadelwaldung und den zerklüfteten Felsenhängen, welche sein Ufer bilden; die tiefe Einsamkeit der Gegend und die schauerliche Stille der Natur, bilden hier eine grausenhaft-schöne Naturscene.
Außer den Naturfreunden, worunter namentlich die Liebhaber der Botanik hier eine schätzbare Ausbeute finden, wendet nur dann und wann ein Bäuerlein in frommer Einfalt und mit scheuem Herzen sich diesen unheimlichen Gestaden zu. Denn – [437] so geht die Sage – seit undenklichen Zeiten wurden böse Geister oder Dämonen in die unergründliche Tiefe des Feldsee’s versenkt. Spuckt ein solcher Kobold in irgend einem Hause der Umgegend, so wird er von dem nächsten besten Geistlichen beschworen, in eine Flasche gebannt, dieselbe, wenn gleich nicht mit dem Siegel Salomonis, doch fest genug verspundet, in aller Stille zum See getragen und darin versenkt. Jetzt, nachdem er das geheimnisvolle Werk vollbracht und dem See wieder den Rücken gewandt, jetzt – nimm dich in Acht! Blicke ja nicht zurück! Denn seltsame Stimmen in wirrer Tonmischung rufen dir zu, rufen dir nach. Du bist verloren, wenn du dich umschaust – die noch freien Geister ergreifen dich und stürzen dich in den nächtlichen Abgrund des See’s.
An den Ufern desselben spuckt auch zuweilen der durch unsern Hebel berühmt gewordene Denglegeist. (Siehe das Gedicht: „Geisterbesuch auf dem Feldberg.“) Schon Mancher, der z. B. von Todtnau her aus dem Wirthshaus einen andern Geist im Kopf mitgeschleppt, welche Art der Denglegeist nicht ausstehen könne, soll’s übel empfunden haben. Er sey im Nebel herumgeführt worden die ganze Nacht hindurch; ja, einst habe derselbe einen Wildfrevler, der schon viel Schlimmes begangen und über die Neckereien des Denglegeist entsetzlich geflucht hatte, in seinem Grimm in den See hinuntergestürzt. Auch die geistlichen Herren von St. Blasien sollen ihm verhaßt gewesen seyn, weil ihn einige zu beschwören und zu bannen versucht hatten. Sie seyen einst ausgegangen und hätten auf dem Gipfel des Feldbergs ein Feuer angezündet, um ihm auf die Spur zu kommen. Da habe der Denglegeist es sogleich wüthend ausgeblasen und die Mönchlein mit einer fürchterlichen, von einem Stein- und Hagelregen begleiteten Windsbraut den Berg wieder hinunter gejagt. Zwei Professoren oder weisen Meistern von der Freiburger Universität, welche bald nachher denselben Versuch anstellen wollten, sey es nicht besser ergangen.