Es blüht ein Baum, wo der Weg sich trennt
Es blüht ein Baum, wo der Weg sich trennt.
Es blüht’ ein Baum, wo der Weg sich trennt,
Als sie gingen zur Rechten und Linken.
Die Thräne heiß auf der Wange brennt,
Und die Hände noch Abschied winken.
Einen Heerd, eine Heimath zu gründen.
„Dann giebt’s, du Geliebte, kein Trennen mehr,
Wenn wir drüben uns wiederfinden.“
„Und wann er mir schreibt, und wenn er auch ruft,
Ich lasse ihn nimmer, und auch in der Gruft
Leg’ ich stille mich ihm zur Seite.“
Es blüht kein Baum, wo der Weg sich trennt,
Die Blätter fielen hernieder.
Wann sind’ ich den Liebsten wieder?“
In dem Gotteshaus auf der letzten Bank,
Da saß sie und betete leise:
„O Mariens Sohn, wie so lang, so lang,
Da horch’! Was lieset der Priester nun
Von dem Blatt mit zitterndem Munde?
„Auswandererschiff! … und sie Alle ruh’n
Nun still auf dem stillen Grunde.“
Laut schluchzen die Bräute, die Frauen.
Ach, lägen auch wir auf der Bahre schon,
Im Himmel uns wieder zu schauen!
Auf der letzten Bank in dem Gotteshaus
Sie wankte still, ohne Klage hinaus,
Hat nicht von dem Todten gesprochen.
Nun wandelt sie stumm, mit bleichem Gesicht,
Ruhlos durch des Dorfes Gehege.
Die spielenden Kinder am Wege.
Die Zeit verweht, sie merkt es wohl kaum.
Sie schenken ihr Kleid und Speise.
Sie lächelt nie, doch wie im Traum
„Es blüht’ ein Baum, wo der Weg sich trennt,
Als wir gingen zur Rechten und Linken –
Keine Thräne mehr auf der Wange brennt
Seit dem letzten Abschiedswinken.“