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Einige Osterspeisen

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Einige Osterspeisen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 6, S. 192–193
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[192] Einige Osterspeisen. Es giebt viele, die meinen, die Festspeisen seien nur dazu da, um die Feststimmung durch einen guten Bissen zu erhöhen. Sie mögen bis zu einem gewissen Grade recht haben; denn ein Blick auf die heutige, Osterfladen vertilgende Menschheit scheint kaum eine andere Deutung zuzulassen. Immer war dies jedoch nicht der Fall. Der Grund, warum man an verschiedenen Festtagen bestimmte Gerichte aß, war ein viel tieferer. Die Festspeisen erinnern an alte längst gestürzte oder vergessene Götter oder haben zum Theil noch heute eine symbolische Bedeutung. Das rothe Ei Ostaras, der heidnischen Frühlingsgöttin, ist allgemein bekannt, der Osterhase legt es noch heute in allerlei Farben. Aehnliche Bedeutung haben auch andere Osterspeisen, die sich hier und dort erhalten haben. Einige, wie das Osterlamm, das Osterbrot, hängen mit der christlichen Lehre zusammen und bedürfen keiner Erklärung, insofern sie als rein symbolische Speisen auftreten. An andere knüpfen sich jedoch ganz besondere Ueberlieferungen.

An vielen Orten wird z. B. das sogenannte „Karfreitagsbrot“ gebacken. Der kleine Brotlaib wird das ganze Jahr hindurch bis zum nächsten Karfreitag aufbewahrt, und kleine Abschabsel desselben werden in ein Glas Wasser gemengt und als Medizin den Kranken gereicht. Am Gründonnerstag soll irgend eine grüne Speise vorgesetzt werden; man ißt heute in der Regel Spinat mit Eiern; früher war das Gericht umständlicher, man bereitete den sogenannten „Osterkohl“, in dem neunerlei Kräuter enthalten sein mußten, und wählte dazu verschiedene um die Osterzeit aufschießende Pflanzen. Neunerlei Kräuter pflegte man auch in einen Eierkuchen hineinzubacken.

Diese Speisen sind sehr alten Ursprungs und stammen noch aus jener Zeit, da die germanischen Jungfrauen im ersten Schein des Ostermorgens das Osterwasser schöpften. Der Fruhlingsanfang, den ja das Osterfest bedeutet, brachte den Menschen jener heidnischen Zeiten viel Wunderbares mit, das später auf die christlichen Feiertage bezogen wurde. So sollen z. B. nach dem Volksaberglauben verschiedener Gegenden noch heute schwarze Hennen in der Nacht vom Gründonnerstag auf den Karfreitag [193] die berühmten, gegen allerlei Leiden wirksamen Antlaßeier legen, und noch heute gilt vielfach der Volksglaube, daß Pflanzen, die um die Osterzeit eingetragen werden, besonders heilkräftig seien und auch vor Krankheiten schützen. Man kurirt ja noch heute das Halsweh mit Weidenkätzchen, die am Palmsonntag gesammelt wurden.

Von allen den oben angeführten Speisen haben sich nur wenige bis auf unsere Zeit erhalten. Die praktische Welt hat das beibehalten, was gut schmeckt und gut nährt, und so sind bei uns die Osterfladen das Hauptgebäck für Ostern.

An diese knüpft sich sogar eine Begebenheit, die unserer heimathlichen Geschichte angehört. Der Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen bekriegte Herzog Moritz wegen des Stiftes Wurzen. Der erstere besetzte die Stadt am Palmsonntag des Jahres 1542. Der Streit wurde durch Luther und Philipp von Hessen gütlich beigelegt, die Truppen hatten nun nichts mehr zu thun, als die Osterfladen zu verzehren, daher scherzhaft dieser Krieg der „Fladenkrieg“ genannt wird.