Einer jungen Braut
Ich sah dich blüh’n; fast noch ein Kind,
Hast du gesessen mir zu Füßen,
Zart wie die Rose, wenn sie lind
Die ersten Sonnenstrahlen grüßen.
Ich seh’ dich noch, die Schülerin,
Aufmerksam lauschen meinem Worte,
Wenn ich mit treu bedächt’gem Sinn
Dir aufschloß der Erkenntniß Pforte.
Doch wenn, was wahr und schön und gut,
Ich deinem Mädchenaug’ enthüllte
Und mit der Dichtung heil’ger Gluth
Begeisternd deine Seel’ erfüllte:
Dann leuchtete dein Augenpaar
Bei jedem Wort, das ich gesprochen,
Und frommen Ernstes wunderbar
Sah oft ich deine Schläfe pochen.
Dann zogst du aus die Kinderschuh’
– Es werden ja aus Kindern Leute –
Und plötzlich nun erscheinest du,
O süßer Schreck! im Schmuck der Bräute.
Wie auch voll jugendlicher Lust
Dein Herz geschwelgt im Glanz des Maien,
Froh schauernd ahnt es deiner Brust:
Am schönsten lebt sich’s doch zu Zweien.
Im Haar der keuschen Myrte Zier,
So gehst du hin nun zum Altare –
So geh’ beglückt! Gott sei mit dir,
Mit Euch, dem wonnetrunk’nen Paare!
Der edler Frauen Werth erkannt,
Das höchste Glück durch sie gefunden,
Nun segnet dich auch seine Hand
Und ihn, dem liebend du verbunden.
O sei gewiß! es täuscht dich nicht,
Was dir geahnt im Mädchenherzen;
Selbst um die sorgenschwere Pflicht
Spielt gaukelnd eine Schaar von Scherzen.
Und ob der Jugend Mai verblich,
Ob einst auch schnei’n des Alters Flocken:
Ein Paradies erblüht um dich
Voll Engelchen in blonden Locken.
Und wenn dereinst voll Mutterlust
Du mild die eignen Kleinen lehrest,
Durch fromme Sprüch’ in ihrer Brust
Den Erbschatz deiner Tugend mehrest:
Dann denk’ als frohe Lehrerin
Des Lehrers noch in grauem Haare,
Der einst in dir gepflegt den Sinn
Für alles Schöne, Gute, Wahre!