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Eine zeitgemäße Betrachtung

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Eine zeitgemäße Betrachtung
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 893
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Verwahrung gegen den Glauben an Spiritismus als Modeerscheinung der oberen Gesellschaftsschichten, den der Autor anlässlich eines Exorzimus-Prozesses in Wemding dem Volksaberglauben gegenüberstellt
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[893] Eine zeitgemäße Betrachtung. Der Teufelaustreibungs-Prozeß in Wemding hat großes und berechtigtes Aufsehen gemacht. Von allen Seiten wurde hervorgehoben, welch beklagenswerther Aberglaube noch in Niederbayern die Köpfe des Landvolks erfülle, wie geradezu mittelalterlich die Kulturstufe der unteren Volksklassen erscheine. Nur der unteren? Und nur in Niederbayern? … Haben die erleuchtet sein sollenden oberen Klassen der Gesellschaft wirklich das Recht, hierüber die Achseln zu zucken, sie, welche in immer steigender Zahl sich den spiritistischen „Offenbarungen“ zuneigen und sich immer und immer wieder von dem dümmsten Schwindel der im Dunkel fliegenden Gegenstände, von geheimnißvollen Schauertönen und dergleichen berücken lassen? Gleichzeitig mit jener Wemdinger Teufelaustreibung liefen die Meldungen von „völlig unbegreiflichen“ Mediumvorstellungen durch die Blätter, und dieselben Gebildeten, welche über die erstere verächtlich die Achsel zuckten, sie nehmen gläubig die Erzählung von dem Zweiten hin, mit der Erwägung, daß es doch in der That „mehr Dinge zwischen Erd’ und Himmel“ geben möchte …

Da muß man nun doch fragen: Was ist begreiflicher und verzeihlicher, der alte, historische Glaube an Teufel und Hexen, oder diese neumodische, so unsäglich alberne Lehre von der „Materialisierung“?

Gehört ein größerer Unverstand dazu, anzunehmen, man müsse etwas von einer Hexe zu essen bekommen, damit sie Macht über einen erhalte, oder aber dazu, gemüthsruhig mit anzusehen, daß bei allen spiritistischen Offenbarungen irgendwo ein Vorhang, eine spanische Wand, irgend eine Möglichkeit des Verbergens ist, daß die Geister immer „das Dunkel lieben“, in welchem bekanntlich nicht nur gut, sondern auch leicht munkeln ist? Wahrlich, eine große Anzahl unserer „Gebildeten“ hat keine Ursache, auf die „Ungebildeten“ so hoch herunter zu sehen, denn das Licht der Vernunft leuchtet ihnen selbst nur bis zur Eingangsthür des Spiritistenlokals, dort drinnen aber herrscht dasselbe Dunkel – wie in den Köpfen der Hexengläubigen von Wemding!