Eine nachahmungswürdige Liebhaberei
Wenn die Kinder unserer jetzigen Städtebewohner einen Hasen oder gar ein paar Rehe sehen, so ist das geradezu ein Ereigniß, von dessen Erinnerung sie lange zehren. Auerochsen, Elenthiere, Biber und manche andere Thiere hingegen, von denen früher die deutschen Wälder erfüllt waren, existiren eigentlich gar nicht mehr für uns, sie sind sogar als Schaustücke viel
[198] seltner geworden, als unzählige andere Thierarten, die man Tausende von Meilen weit herbringt. Ja, es ist, besonders in den größeren Städten, so weit gekommen, daß sogar unsere Hausthiere, soweit sie nicht geradezu täglich auf der Straße sich umhertreiben, zu Schaustücken, wenigstens für die Kinder, geworden sind. Ganz natürlich, denn wo sich noch von früher her Meierhöfe in den Städten erhalten haben, da werden sie jetzt durch deren oft riesig schnelle Entwickelung und durch die Vertheuerung des Grund und Bodens immer mehr verdrängt. Selbst die großen Städten naheliegenden Ortschaften bergen jetzt schon häufig keine oder nur wenige Bauernhöfe mehr, da die Bevölkerung hauptsächlich aus Fabrikarbeitern besteht.
Freilich so weit ist es noch nicht gekommen, daß man Ziegenböcke, Pfauen, Perlhühner, Truthähne für Geld sehen läßt, aber viel fehlt wahrhaftig nicht mehr dazu, und wenn z. B. für den Besuch des sogenannten „zoologischen Hofes“ in Lindenau bei Leipzig (die Abbildung zeigt das Treiben auf diesem Hofe) ein kleines Eintrittsgeld beansprucht würde, zu lachen darüber hätte Niemand das Recht, man könnte höchstens sagen: „Wieder eine zeitgemäße Speculation.“ In der That ist dieser Hof, welcher zum Gasthaus des Orts gehört und im Besitz eines Herrn Jahn ist, schon seit Jahren ein Wallfahrtsort für die Eltern- und Kinderwelt Leipzigs geworden. Alt und Jung, Mann und Weib ergötzt sich an dem behaglichen Thierleben, wie es sich hier in so außerordentlicher Mannigfaltigkeit zeigt, und wer nur etwas mehr als das gewöhnliche Interesse für das Gebahren der Thierwelt zeigt, der kann hier eine Fülle von Unterhaltung haben, und reichlichen Stoff zum Beobachten wie zum Lachen finden.
Die Verbindung von Gasthof und Landwirthschaft, wie sie an dem Orte dieser Thiersammlung besteht, ist jedenfalls eine ganz glückliche, da einerseits der Gasthof nur dadurch gewinnen kann, und andererseits die Unterbringung und Versorgung so vieler Thiere ohne landwirthschaftlichen Betrieb bedeutend erschwert sein würde. Doch würde man sehr irren, wenn man das Ganze auf einen zahlreichen Besuch des Gasthofs berechnet glaubte, denn es leuchtet aus dem Behagen des Besitzers, beim Anblick dieses Treibens, seine Liebe zur Thierwelt so unverkennbar hervor, daß offenbar nur der Wunsch, sich und Andern diesen Genuß dauernd zu verschaffen, die Sache in’s Leben gerufen hat.
Den Mittelpunkt des Ganzen bildet eine bunte Menge von Ziegenböcken. Die Mehrzahl derselben sind die Nachkommen eines alten weißgrauen Bockes mit gewaltigem Gehörn, welcher seinerseits von einer Angoraziege und einem großhörnigen Bock des Ortshirten abstammt. Dieser weißgraue Stammvater steht jetzt ausgestopft auf dem Leipziger naturhistorischen Museum, bietet aber begreiflicherweise lange nicht den schönen Anblick wie ehemals das lebende Thier. Der Geburtstag dieses Bockes ist leider nicht genau bekannt, was wegen eines etwaigen künftigen Jubiläums sehr zu bedauern ist.
Frühmorgens öffnen sich die Stallthüren, welche während der Nacht die bunte Menge verwahrt haben, und zwar ist es die treue Rieke, welcher die Obhut derselben anvertraut ist. Hochgeschürzt oder nicht, je nachdem es die Beschaffenheit des Terrains erfordert, verwaltet sie von früh bis Abends ihr Amt mit Kenntniß und Liebe, was freilich den Gebrauch eines tüchtigen Knüppels keineswegs ausschließt, denn die Thiere, welche im Vergleich zu einem Droschkengaul ein wahrhaft himmlisches Leben führen, wissen wenig vom Gehorchen und kennen nur den Genuß.
Den Vierfüßlern sowohl als den Vögeln steht zwar, wenn sie aus dem Stalle gelassen sind, der ganze Hof und sogar die Umgebung desselben zur Verfügung, doch ziehen die Ersteren in der Regel vor, sich auf dem eigentlichen Düngerhaufen, für dessen Vergrößerung sie angelegentlichst sorgen, aufzuhalten. Allerdings bietet derselbe nicht blos eine weichere Unterlage zum Niederlegen, sondern auch eine bessere Aussicht, und daß dieselbe auch von einem Bock geschätzt wird, kann immerhin angenommen werden.
Natürlich sucht der stärkste und mit den größten Hörnern begabte Bock immer eine Art Regiment zu führen, und so lange der alte Stammvater lebte, bewahrte er sich dasselbe unbestritten, seit seinem Tode aber und besonders seit ein vierhörniger und ein dreihörniger Bock jetzt auch schon mit Nachkommenschaft hinzugekommen, scheint eine Art Vergleich, ein Triumvirat stattgefunden zu haben, welches dann gelegentlich durch Zweikämpfe „befestigt“ wird.
Bei solchen Kämpfen geht es dann manchmal sehr scharf her, ja es wird bisweilen sogar das ganze philosophische „Sein“ des Thieres dadurch aufgehoben, wie denn z. B. der vierhörnige Bock bereits nicht mehr existirt, da er, weil ihm im Kampf ein Horn abbrach, zu einem dreihörnigen reducirt wurde.
Wenn übrigens auf der einen Seite diese Ziegenböcke keineswegs gesonnen scheinen, ihre Race aussterben zu lassen, so legen sie doch auch wieder sehr viel Geringschätzung ihrer Nachkommenschaft an den Tag, und es möchte Einen manchmal erbarmen, mit welcher Vehemenz oft die kleinen Böckchen oder Zicklein von den alten Thieren bei Seite geworfen oder in die Rippen gerannt werden, wenn sie denselben beim Fressen zu nahe kommen. Ueberhaupt wissen diese erwachsenen Thiere nichts von Zurückhaltung oder Schüchternheit, und ein Beschauer, der ihnen verdächtig scheint, etwas Freßbares bei sich zu haben, oder dasselbe gar zeigt, kann sich ihrer liebenswürdigen Zudringlichkeit oft kaum erwehren. Nur vor der langen Peitsche des Herrn Jahn oder den Knüppeln der treuen Rieke haben sie Respect, und man kann dann die langbärtigen Gesellen ganz ihre Würde vergessen sehen.
Daß die kleinen Böckchen sich bestreben, ihren erwachsenen Vorbildern nachzuahmen und besonders das Stoßen baldigst zu erlernen, ist ganz natürlich, und es bedarf daher für sie keines weitern Grundes, um sich oft gegenüber auf die Hinterbeine zu erheben und nach den Köpfen zu stoßen. Daß dieses Ziel gewöhnlich verfehlt und nur ein Loch in die Luft gestoßen wird, entmuthigt sie dabei keineswegs.
Neben diesen Thieren sind es nun noch die Schafe, welche als Vierfüßler den Hof beleben, und zwar ist es eine sehr langschwänzige Race, mit gewöhnlich schwarzem Kopf. Auch hier führte früher der alte Bock als Stammvater das Regiment, wurde aber, wie ich selbst ansah, vom eigenen Sohn auf schmähliche Weise abgesetzt. Ob es sich bei diesem Kampfe von vornherein blos um die Ehre handelte, wie bei den Franzosen, oder ob ein materieller Werth, vielleicht nur ein Krautblatt, das erste Kampfobject war, kann ich nicht sagen, genug, der Kampf war furchtbar. Nach Art aller Schafe gingen die Thiere erst weit auseinander, immer rückwärts schreitend, sich also im Auge behaltend, bis zuletzt der Herr Sohn mit dem hinteren Theile seines Seins an die Stallmauer anrannte, und dies als das Zeichen ansah, auf den Erzeuger loszustürzen; dieser that das Gleiche, und mit furchtbarer Gewalt krachten die Schädel aneinander. Schon beim zweiten Male drang Blut am Kopf des alten Thieres hervor, es stürzte in die Kniee, und nach dem dritten Zusammentreffen räumte der bisherige Herrscher das Feld und ergriff die Flucht. Aber der siegreiche Sohn begnügte sich nicht damit, er verfolgte den flüchtigen Papa und rannte mit solcher Wucht von hinten gegen denselben, daß der Sprung, zu welchem derselbe eben ansetzte, durch diese Nachhülfe viel größer ausfiel, als er beabsichtigt war. Dies wiederholte sich noch einige Mal, bis endlich der Emporkömmling sein Uebergewicht für gesichert hielt. Der Besiegte stand dann, das Bild einer gefallenen Größe, noch lange an eine Mauer angelehnt und mit gesenktem Kopfe in tiefe Betrachtungen versunken.
Einen hübschen Gegensatz zu diesen großen Schafen bilden ein paar niedliche, schwarze Haidschnucken, die bekannten Schafe der Lüneburger Haide, die sich aber nicht sehr behaglich zu fühlen scheinen, denn sie halten sich stets gesondert von allen übrigen.
Den geschilderten Vierfüßlern an Zahl, Buntheit und Lebhaftigkeit außerordentlich überlegen, zeigt sich natürlich die Vogelwelt auf diesem Hofe. Denn nicht blos gewöhnliche Hühner, Gänse, Enten, Tauben und Truthühner bewegen sich hier durcheinander, auch Pfauen, weiße und bunte, Perlhühner, Störche, Fasanen, ausländische Gänse und Enten sieht man hier gemeinschaftlich und gewöhnlich friedlich mit den Andern leben.
Wie billig muß ich mit den eigentlichen Hühnern beginnen, denn wenn es auch echt Napoleonisch ist, daß dieser Held die Frau als die größte bezeichnet hat, welche die meisten Kinder hätte: bei dem Huhn hat man gewiß nicht Unrecht, wenn man diesen Vogel als den für den Menschen wichtigsten bezeichnet, weil er eben am fleißigsten Eier legt. Was wären wir ohne die Hühnereier?
Es hieße Wasser in den Brunnen tragen, den schönen Anblick einer alten Glucke mit ihren Küchelchen schildern zu wollen. Jedermann kennt ihn. Auch die Hahnenkämpfe wiederholen sich selbst da, wo mehrere Hähne bereits aneinander gewöhnt sind, so oft, daß man sie häufig beobachten kann. Komisch bleibt ein solcher Kampf immer. Mögen sie die Federn sträubend sich giftig anblicken, [199] mögen sie grimmig auf den Boden picken, offenbar um zu zeigen, daß ihnen der Aerger keineswegs den Appetit genommen, oder mag der Sieger nach dem Kampf sich aufblähen und seinen Sieg laut verkünden, stets macht dieses Gethue den entgegengesetzten Eindruck, als ihn das Thier beabsichtigen mag.
Wo Alles so bekannt unter einander ist, wie auf unserm Hof, da kommt es übrigens häufig vor, daß Andere sich in solche Kämpfe einmischen, und besonders fühlen sich die Truthähne manchmal berufen, den Frieden wieder herzustellen, wozu sie sich gewöhnlich erst gehörig aufblähen, denn der Truthahn ist vielleicht derjenige Vogel, der am meisten auf imponirendes Aeußere hält, wo der Moment wichtig ist. Daher ist er es auch, der, wenn er sein Rad schlägt und die Flügel am Boden schleift, kaum wieder zu erkennen ist. Dabei genirt es ihn keineswegs, wenn die Schwanzfedern nicht mehr vollständig sind und das Rad große Lücken zeigt, denn ihm ist die Haltung das Wichtigste, kurz, er ist ein Mann von höherm Stande.
Natürlich bleibt der Pfau, insbesondere der gewöhnliche bunte, immer die schönste Zierde eines Meierhofes, und auch hier ziehen diese Vögel, wenn sie gerade im vollen Schmuck ihres Federkleides prangen, die Augen Aller zumeist auf sich. Ein Gedanke wird sich übrigens bei solchem Anblick schon Manchem aufgedrängt haben, nämlich der, welche wichtige und verschiedene Rolle doch der Schwanz bei den Thieren, insbesondere auch bei den Vögeln spielt. Nur im Vorübergehen sei erwähnt, daß viele Thiere der niederen Ordnungen ihren Schwanz zum Feststehen verwenden können, während wir bei den Fischen finden, daß er hier fast durchgängig ein Hauptorgan zum Schwimmen bildet; auch bei den Reptilien hat er wohl nichts weiter zu thun, als zur Fortbewegung, resp. zum Anhalten auf dem Lande und im Wasser mitzuwirken. Sehr mannigfaltig hingegen stellen sich die Aufgaben, die dem Schwanz gesetzt sind, bei den verschiedenen Säugethieren. Zwar die Hufthiere, d. h. also die Wiederkäuer, die Einhufer und die eigentlichen Dickhäute (Elephanten etc.) verwenden ihren Schwanz, wenn sie einen haben, sämmtlich blos dazu, die Fliegen und dergleichen aus seiner Umgegend zu verscheuchen, doch schon bei den Affen ist er in Aussehen und Zweck höchst verschieden. Die mit Greifschwanz versehenen halten sich nicht nur damit fest, sondern sie langen sich auch damit Gegenstände zu, welche sie mit den Händen nicht erreichen können. Andere Affen haben ihren Schwanz hingegen offenbar nur zur Zierde, oder um bequem daran festgehalten zu werden, bei manchen wieder ist er so klein, daß er nur zum Spaß da sein kann oder um eben anzuzeigen, wo das Thier aufhört, und viele endlich laufen leider ganz ohne Schwanz auf der Welt herum, und da sie’s nicht anders gewohnt sind, so muß es auch gehen.
Wenn bei den Säugethieren, was hier noch nachzuholen ist, nur einzelne Gattungen den Schwanz zur Fortbewegung gebrauchen, wie z. B. die Walthiere, die Eichhörnchen, die Känguruhs, manche Affen, die Biber, so scheint hingegen bei den Vögeln der Nutzen des Schwanzes nur darin zu bestehen, eben bei der Fortbewegung, d. h. im Wasser oder in der Luft mitzuwirken. Eine Taube, wenn sie auffliegt oder sich niederläßt, entfaltet ihre Schwanzfedern zum vollkommenen Halbkreis, selbst das Huhn macht höchst anerkennenswerthe Versuche, bei seinen kurzen Flügen den ungünstig geformten Flügeln durch Ausbreiten seines Schwanzes nachzuhelfen. Neben diesem Nutzen ist es aber dann hauptsächlich die Aufgabe des Vogelschwanzes, seinen Eigenthümer zu verschönern, so zwar, daß viele uns Allen bekannte Vögel nur durch den Schwanz das Gepräge ihrer Gestalt bekommen. Was ist ein Pfau, ein Truthahn, ein Haushahn, ein Fasan ohne denselben? Fällt es Jemandem ein, sie zur Verschönerung zu englisiren, wie man es doch bei dem Pferd, dessen Zierde gerade ein schöner Schweif ist, so lange gethan hat? Und doch würde dieses viel leichter sein, denn ein Hauptunterschied zwischen den Säugethieren und Vögeln besteht eben darin, daß es ersteren sehr weh thut, wenn ihnen der Schwanz abgeschnitten wird (auch wo es stückchenweise geschieht), den Vögeln aber nicht. Wie traurig sehen langschwänzige Vögel aus, wenn sie in der Mauser sind, wie lächerlich sieht ein Haushahn aus, wenn er vielleicht mit nur noch einer großen Feder in seinem Schwanz umherstolzirt, und der Pfau vollends ist ohne diese seine Zierde gar nicht mehr er selbst.
Eine Anzahl Pfauen ihr Rad schlagen zu sehen, ist gewiß ein herrlicher Anblick. Weniger ist dies allerdings bei der weißen Spielart der Fall, denn abgesehen davon, daß das herrliche Farbenspiel fehlt, läßt auch das Weiß der Farben jeden Schmutzflecken zu deutlich sehen. Was übrigens den radschlagenden Pfau von hinten anbelangt, so bietet derselbe einen wesentlich andern Anblick, der allerdings mehr instructiv als schön ist. Es zeigt sich da, daß die eigentlichen Schwanzfedern keineswegs das Rad bilden, sondern daß dies die darüber sitzenden Bürzelfedern sind, denn der Schwanz bildet ein viel kleineres, von vorn gar nicht sichtbares Rad. Auch den Pfauen selbst scheint, da sie sich natürlich nicht erst über ihre eignen Federn zu unterrichten brauchen, die Kehrseite nicht zu gefallen. Wenigstens kann man es manchmal sehen, daß, wenn der eine sich eben recht brüstet, plötzlich ein anderer von hinten sich naht und dem Verwandten schnell eins versetzt, was jedenfalls nur einen Tadel aussprechen soll, denn auf einen Kampf ist es dabei nicht abgesehen.
Die Pfauen lieben es bekanntlich, auf hohen Punkten zu übernachten, und es kostet daher auch auf unserm Hofe immer einige Mühe sie Abends in den Stall zu bringen, denn wenn es ihnen gelänge sich auf das hohe Dach zu schwingen, so würden sie dann etwaigen Witterungsunbilden ausgesetzt sein; auch soll, wenn sie doch manchmal das Dach glücklich erreicht hatten, ihr nächtliches Geschrei, welches bekanntlich nicht mit Nachtigallgesang zu verwechseln ist, vielen Schläfern der Umgegend zu störend geworden sein.
Alle Bewohner dieses Hofes haben übrigens, da das Hofthor stets offen steht, volle Freiheit, die gegenüber und am Wasser liegende Wiese des Besitzers zu besuchen, und machen davon auch ausgedehnten Gebrauch, so ausgedehnt, daß insbesondere die Pfau- und Perlhühner den nahen Wald manchmal für den Stall halten, wo sie ihre Eier legen und bebrüten sollen. Natürlich kann der Förster nicht jeden Winkel des Waldes täglich ausspähen, und da dies die Herren Bummler gütigst übernehmen, so fallen Nester, Eier oder Junge, vielleicht auch die Bruthenne auf Nimmerwiedersehen in ihre Hände. Daher mag es wohl mit kommen, daß man nur selten junge Pfauen oder Perlhühner hier sieht.
Natürlich wird durch diese Freiheit, welche den Thieren gelassen wird, die Auswahl derselben beim Anschaffen sehr bedingt; es können blos solche in die Gesellschaft aufgenommen werden, bei welchen ein permanenter Ausflug in’s Freie oder wenigstens ein schwieriges Wiedereinfangen nicht zu fürchten ist. Uebrigens ist hierbei die Kartoffel ein mächtiges Bindemittel. Alles frißt Kartoffeln, selbst die Störche, an welche Franz Drake doch gewiß kaum gedacht hat, haben dieselben als Futter genehmigt.
Wenn ich nun schließen muß, weil Herr Keil den Aufsatz nicht zu lang haben will, so kann ich es nicht, ohne noch einige Worte der Anerkennung für den Mann zu sagen, welcher diese Thiersammlung geschaffen und sie unverdrossen pflegt. Es ist wahrlich nicht Jedermanns Sache, eine solche schöne Liebhaberei, deren Genuß dem Publicum vollkommen freisteht, unverdrossen fortzuführen. Denn wie sich schon in Menagerien viele Leute gar nicht amüsiren können, ohne mit Stöcken die Thiere zu necken, so kommt Aehnliches auch hier häufig vor, und wie schon Mancher seinen Park geschlossen hat, weil das liebe Publicum Unfug trieb, so würde auch hier von einem Andern dasselbe geschehen sein.
Daß es übrigens beim Eingang dieser Zeilen nicht übertrieben war, wenn der ganze Anblick als eines Eintrittsgeldes würdig hingestellt wurde, erhellt daraus, daß schon öfters „wandernde Künstler“, welche sich gerade zur Messe in Leipzig befanden, den Besitzer dringend ersucht haben, ihnen von seinen Thieren eins oder das andere zu verkaufen. Daß Herr Jahn nicht darauf eingegangen ist, hat es dem hiesigen Publicum erspart, in einem für einen Silbergroschen gezeigten höchst ausländischen Steinbock einen alten Bekannten aus Lindenau wieder erkennen zu müssen.
Möge nun solche Liebhaberei und solche Liberalität recht fleißige Nachahmung finden; den Bewohnern großer Städte, besonders der Kinderwelt wird stets dadurch ein großer Genuß gewährt werden. Selbst da, wo nicht Wohlwollen oder Liebe zur Thierwelt selbst die Hebel sind, würde die Speculation noch ihre Rechnung finden können. Ein glänzender Beweis sind die zoologischen Gärten, welche jetzt überall in den größern Städten entstehen, und welche hauptsächlich in der immer mehr wachsenden Liebe zur Natur ihre Begründung finden.