Eine alte Vorstadtdirne
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Eine alte Vorstadtdirne
Wo des letzten Bahnhofs Schienen schwellend in das Fahle führten
Und der Frost von eisernen Gerüsten klang,
Wo in den geahnten Wassern unter Brücken sich die Lichter rührten
Und der Menschenschatten Überschwang,
Und ich folgte Dir den hohlen Quai entlang.
Jene Kammer und die Wärme, die uns scheußlich faßte,
War erfüllt von widrigem Geröll und Polsterfall.
Nur ein Kinderbildchen, das an einem Spiegel blaßte,
Und Du lachtest, und mein Lachen
Klang als ausgewitzter Widerhall.
Was Du sprachst? – Nichts, als die so gewöhnlichen Geschicke,
Daß Du Kinder hast und einmal sitzen bliebst.
Da Du Dich das erstemal durch Straßen triebst,
Daß Du fünfundzwanzig, und ein Jahr erst beim Geschäfte
Und noch immer jenen Schurken liebst.
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Und als ich erschrak, wie Du die Brüste zeigtest,
Und der eingestürzte Körper, den Du neigtest,
War von Demut aufgeglänzt und klar.
Welt fühlt’ ich in dieser Stunde.
Doch Du weintest, als ich höflich war.
Die sich leicht, wie Regenfall durch Zimmer weht,
Mütterlichen Lachens, ach, gedacht’ ich aus entrücktem Munde
Und des Kleids vom Sturm der leisen Brust gebläht,
Jene Dame sah ich, ach und dieses Leibs Verquollenheit.
Eine unbekannte Kälte (neu belobte)
Wuchs mir groß, als ich wegging von hier.
Wie mein Schritt auf dumpfer Treppe tobte
War ich Mitmensch. — Mensch! Von Dir und Dir.
Und die Sterne über mir.