Eine alte Kirchenbausage
Bei älteren Kirchenbauten begegnet man hin und wieder der Volkssage, der Kalk sei beim Bauen mit Wein angemacht worden, wodurch manche die Größe und Festigkeit dieser alten Bauten zu erklären suchten. Da eine solche Verwendung des Weines nun im höchsten Grade unwahrscheinlich ist, so fragt sichs, woher denn wol diese Volkssage kommt. Einfach daher, dass meist zu Belebung des Eifers der fröhnenden und bauenden Arbeiter, wenigstens in Weingegenden Wein gespendet wurde, woraus sich die fragliche volkstümliche Redensart erklärt. So kostet nach der Ueberlieferung der Bau der schönen und von massiven Quadersteinen errichteten Kirche zu Liebenstein nur 900 fl. an Geld, wozu allerdings für die Maurer und Steinhauer, bekanntlich große Liebhaber von Fluidis, zwischen 60 und 70 Eimer Wein verabreicht wurden. Anderswoher verlautet, dass im Jahre 1529 in Schwaben infolge der Herbstkälte ein so saurer Wein gewachsen sei, dass man solchen hernach entweder hinweggegossen oder zum Kalkanmachen gebraucht habe.