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Eine Wette im Jahre 1560

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Ein Bildniß Canalettos Eine Wette im Jahre 1560 (1894) von Otto Richter
Erschienen in: Dresdner Geschichtsblätter Band 1 (1892 bis 1896)
Zudrang zum Rechtsstudium vor 100 Jahren
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Eine Wette im Jahre 1560.


In den „Tagzetteln“ zur Dresdner Kämmereirechnung vom Jahre 1560 findet sich folgende Aufzeichnung des Stadtschreibers:

„Johan under der Linde hat umb lenge der meylen zcwuschen zcweyen stedten in Denemarck umb 10 fg. (fehlt: gewettet). Hat der balbirer seyn wette mit sechs zceugen erweist. Johannes wil aber zcwuschen dato und fastnacht das kegenspil erweysen, das ime nachgelassen.“

Das heißt: Der Apotheker Johann unter der Linden (der Begründer der Löwenapotheke) ist mit dem Barbier in Meinungsverschiedenheit über die Entfernung zwischen zwei gewissen Städten in Dänemark gerathen und hat mit ihm deshalb um die für jene Zeit nicht unbedeutende Summe von 10 Guldengroschen gewettet; der Barbier hat durch sechs Zeugen vor dem Rathe die Richtigkeit seiner Behauptung dargethan, aber der Apotheker will das Gegentheil beweisen und erhält dazu von Ende Oktober bis zur nächsten Fastnacht Frist zugestanden.

Die amtliche Beurkundung dieser Wette durch die Stadt- und Gerichtsbehörde beweist, daß man sie als ernsthaften Vertrag behandelte und ihr Rechtsverbindlichkeit beilegte. Dies entsprach dem römischen Rechte und auch den Bestimmungen der meisten mittelalterlichen deutschen Einzelrechte, nur daß diese in der Regel forderten, daß die Wette bedächtlich geschlossen sei und keinen unehrbaren Gegenstand betreffe. Aber gerade im Geltungsbereiche des Magdeburgischen Rechts, zu dem Dresden gehörte, waren die Wetten im Mittelalter überhaupt nicht klagbar. (Vergl. den Schöffenspruch aus der Dresdner Weichbildrechts-Handschrift bei Wasserschleben, Sammlung deutscher Rechtsquellen I, 237: „Das wetthen und toppilspeyl und desgleich ist unczemelich, und was man domete dirkriget, das ist ungerecht gewyn, do geyt keyn recht obir.) Der vorliegende Fall zeigt also, daß hierin unter dem Einflusse des römischen Rechts im 16. Jahrhundert eine Wandlung eingetreten war. Die Klagbarkeit der Wetten ist dann in Sachsen bestehen geblieben, bis sie durch § 1480 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wieder aufgehoben wurde.

O. R.