Eine Hochschule der Musik für Blinde
[356] Eine Hochschule der Musik für Blinde. Unsere Leser erinnern sich aus dem Artikel von Anna Pötsch über den „Blinden und seine gesunden Sinne“ in Halbheft 2 dieses Jahrgangs, welche Rolle die Musik im Leben der Blinden spielt. Das Reich der Töne ist es ja, aus dem der Nichtsehende in erster Linie Ersatz schöpfen darf für die ihm versagten Genüsse des Auges, in ihm findet er Trost und Erhebung des Gemüths, wenn die einsame Nacht seines Daseins ihn daniederdrücken will. In jenem Aufsatz erfuhren wir auch von einer Musikhochschule für Blinde, welche der blinde Dr. Armitage zu Norwood bei London ins Leben gerufen und welche schon so viele Schicksalsgenossen des edlen Gründers zu einem befriedigenden Beruf geführt hat. Mit lebhafter Freude verzeichnen wir daher hier die Nachricht, daß nunmehr auch in Deutschland eine ähnliche Anstalt erstehen soll. Im Nordosten unseres Vaterlandes, zu Königsberg i. Pr., ist eine Anzahl angesehener Männer zusammengetreten, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, auf die Errichtung einer Hochschule der Musik für Blinde hinzuwirken. Sie wenden sich an alle Menschenfreunde mit der Bitte um thatkräftige Unterstützung des schönen Werkes und bitten jeden, der gesonnen ist, der Durchführung ihres Planes seine Hilfe zu leihen, mit Herrn George Neumann, Königsberg i. Pr. (Oberhaberberg 93), darüber in Verbindung zu treten. Wir wünschen den wackeren Männern allen Erfolg und hoffen, daß in einer nicht allzufernen Zukunft auch in unserem Vaterland den Blinden eine Pforte sich öffne, durch welche sie zu einem gesicherten Lebensglück eingehen können.