Ein rügenswerther „Usus“
[516] Ein rügenswerther „Usus“. In klimatischen Curorten Südtirols haben deutsche Landsleute die Erfahrung gemacht, daß die Wirthe für die Betten, auf welchen ein kranker Badegast gestorben war, eine bedeutende Summe forderten wenn die Hinterbliebenen dieselben behalten, und eine wenig geringere, wenn sie solche zurücklassen wollten. In Gries bei Bozen verlangte zum Beispiel ein Wirth für den ersteren Fall 100, für den zweiten 60 fl. österr. für Betten, die in ihrem damaligen Zustande kaum 30 fl. österr. werth waren. Beim Abschluß der Miethe war von einer solchen „Entschädigung“ keine Silbe von Seiten des Wirthes gesagt worden und die Forderung desselben geschah so spät, daß eine gerichtliche Hilfe nicht mehr möglich war. Die Aeußerung des Wirthes: „Wenn der Kranke nicht auf den Betten gestorben wäre, so hätten sie keinen Kreuzer zu bezahlen; so aber kann ich die Betten nicht wieder benutzen und Sie müssen sie bezahlen.“ – diese Aeußerung muß bedenklich machen. Also nicht die Krankheit, sondern nur der Tod macht die Betten ansteckend. Und wo ist denn die Sicherheit, daß der nächste Gast nicht dieselben Betten benutzen und im Unglücksfalle abermals „zur Entschädigung“ bezahlen muß? – In Eppan verlangte ein Wirth sogar von einer abziehenden Kranken 50 fl. österr. „Entschädigung“ und als er auf den „Usus“ verwiesen wurde, daß erst der erfolgte Tod die Forderung rechtfertige, so begnügte er sich mit 10 fl. Dagegen soll in einer ebenso schönen Gegend sogar das Neutapeziren des Zimmers verlangt worden sein.
Gegen diese Uebervortheilungen stellt der Badegast sich nur entweder durch Feststellung dieses Punktes im Miethcontracte, oder dadurch sicher, daß er nur eigene, ob in der Nähe gekaufte oder mitgebrachte Betten benutzt. Diesen Rath giebt den Lesern der Gartenlaube Einer, welcher die Lehre sehr theuer mit seinem Gelde bezahlt hat.