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Ein neuer Desinfectionsapparat

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Titel: Ein neuer Desinfectionsapparat
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aus: Die Gartenlaube, Heft 38, S. 636
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[636] Ein neuer Desinfectionsapparat. Ebenso alt wie die Kenntniß der ansteckenden Natur vieler Krankheiten ist das Bestreben, Mittel zu schaffen, welche dem weiteren Umsichgreifen derselben vorbeugen würden. Als einst die Menschheit die verheerenden Epidemien für den directen Ausfluß göttlichen Zornes ansah, da nahm sie ihre Zuflucht zu aller Art von Zaubereien und Amuleten, welche die Kraft besitzen sollten, den Dämon der Krankheit von den einzelnen Individuen fernzuhalten, und diese Schutzmittel haben sich in abergläubischen Gemüthern bis auf den heutigen Tag erhalten. Nur langsam brach sich eine bessere Anschauung Bahn: man vermied zunächst jede Berührung mit den an ansteckender Krankheit Darniederliegenden, oder suchte die Wirkung des unbekannten Giftes durch allerlei Oele und Salben aufzuheben, und während der Pest trugen die Aerzte des Mittelalters oft Masken aus Wachs und besondere Gewänder, in welchen sie sich den Patienten näherten.

In neuerer Zeit hat man schließlich Jahrzehnte hindurch die verschiedensten Chemikalien zu diesem Zwecke angewandt und schrieb vor Allem dem Chlorgas, der schwefligen Säure, der Carbol- und der Salicylsäure die Eigenschaft zu, Ansteckungsstoffe zu zerstören. Mit welchem Recht man diese ätzenden Stoffe als wirkliche Desinfectionsmittel bezeichnen durfte, das blieb freilich noch dahingestellt.

Erst der Gegenwart war es vorbehalten, den Nachweis zu liefern, daß wenigstens eine große Anzahl ansteckender Krankheiten durch kleinste, nur mittelst der stärksten Mikroskope sichtbare Organismen – sogenannte Bacillen – erzeugt werde. Seitdem nun die gelehrten Forscher durch sinnreiche Versuche die Lebensbedingungen dieser Organismen ergründet, ließen sie auch die oben genannten Mittel auf dieselben einwirken, um zu erfahren, ob jene ätzenden Stoffe mit Recht den Namen „Desinfectionsmittel“ trügen. Da zeigte sich aber bald, daß diese Stoffe vielfach das Leben der Bacillen erst in einer Concentration vernichten, welche auch die mit ihnen behafteten Gewebe zerstören mußte. Die Versuche führten jedoch ferner zu der wichtigen Entdeckung, daß es ein leicht zu beschaffendes Mittel giebt, die betreffenden Organismen ihrer ansteckenden Eigenschaften sicher zu berauben: die unter der Leitung von Dr. R. Koch in dem deutschen Reichsgesundheitsamte angestellten Experimente, welche bekanntlich ebenso wie andere Arbeiten des hochverdienten Forschers gerade in diesen Tagen auf dem hygienischen Congresse zu Genf den Neid der Franzosen erregt haben, erwiesen nämlich, daß die Bacillen durch Wasserdämpfe von 100 Grad Celsius sicher zerstört werden.

Es lag nun nahe, diese Entdeckung zur Desinfection von Wäsche, Kleidungsstücken und allen Gegenständen, mit welchen Kranke in Berührung gekommen sind, zu verwerthen und so einer weiteren Verbreitung der betreffenden Krankheiten vorzubeugen. So wurde von dem Verwaltungsdirector im Berliner Barackenlazareth, Herrn Merke, welcher sofort nach dem Bekanntwerden jener Entdeckung mit dem neuen Desinfectionsmittel umfangreiche Versuche angestellt hatte, die Maschinenfabrik von Oscar Schimmel und Compagnie in Chemnitz aufgefordert, einen Apparat zu construiren, in welchem Wasserdämpfe von 100 Grad Celsius nebst überhitzter Luft zur Desinfection benutzt werden könnten.

Ein solcher Apparat ist nun wirklich von der genannten Firma hergestellt worden; er besteht aus einem starken Gehäuse aus Eisenblech mit doppelten Wandungen, die mit einem schlechten Wärmeleiter (Holzasche etc.) ausgefüllt sind. In diesen Apparat werden die zu desinficirenden Gegenstände gebracht und, nachdem derselbe genügend erhitzt worden, einige Zeit belassen. Der ganze Proceß dauert höchstens anderthalb Stunden, und wird während dieser Zeit selbst das Innere von umfangreicheren Gegenständen, wie Bettstücken und Matratzen, auf eine Temperatur von über 100 Grad Celsius erhitzt.

Hoffentlich wird diese neue Desinfectionsmethode bald in unseren so vorzüglich eingerichteten Krankenhäusern die allgemeinste Verbreitung finden; und es wäre dringend zu wünschen, daß auch die großen Privatwäschereien die Einführung derselben in Erwägung zögen.