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Ein monströses Kunstproduct

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Titel: Ein monströses Kunstproduct
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aus: Die Gartenlaube, Heft 47, S. 788
Herausgeber: Ernst Ziel
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Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[788]

La Trinità, Antiquità di Salerno.
Nach einer Skizze von Cl. Schnackenburg.

[788] Ein monströses Kunstproduct. Als wir im Frühling des Jahres 1879 auf unserer Reise durch Italien von Sicilien nach Neapel zurückgekehrt waren, unternahmen wir eine mehrtägige Fahrt nach dem Golf von Salerno.

Wir besuchten zunächst Amalfi, das romantisch gelegene Geburtsstädtchen Masaniello’s, wohin wir auf einer der großartigsten und bestangelegten Kunststraßen gelangten, die bald tief unten an der Küste des blauen Meeres, bald hoch oben an den schroffen Felsen entlang führt. Von Amalfi mit dem Wagen nach Vietri zurückgekehrt, fuhren wir weiter nach Salerno – dem alten Salernum – wo einst lombardische, dann normannische Fürsten und schließlich die Hohenstaufen herrschten und wo die bedeutendste medicinische Schule Europas blühte. Das Wetter war heute sehr ungünstig, und so mußten wir einen großen Theil unserer so kostbaren Zeit in dem Gasthofe verbringen, dessen hohe und kalte Räume mit den frostigen rothen Steinfußböden wenig genug zu einer behaglicheren Stimmung beitrugen.

Als wir in den Speisesaal hinabgingen, um dort die Zeit der tavola rotonda, d. h. die Essenszeit abzuwarten, fesselte ein höchst eigenthümliches auf Holz gemaltes Oelbild, welches dort an der Wand hing und die Unterschrift: La Trinità, Antiquità di Salerno trug, meine Aufmerksamkeit. Das Gemälde mochte sehr alt sein; wahrscheinlich stammte es aus dem dreizehnten Jahrhundert, in welcher Zeit die byzantinische Kunst dem unheilbaren Verfall entgegen trieb und sich in Verirrungen und Ausschweifungen aller Art gefiel. Ein frommer, zum Uebernatürlichen hinneigender, der Ascese streng ergebener Mönch wird wohl der Urheber des Bildes gewesen sein.

Dasselbe ist jedenfalls merkwürdig als Beleg dessen, „was sich die Kunst von Tendenzgegenständen mußte aufbürden lassen, seitdem sie sich selbst erniedrigt hatte“.

Auf schwarzem Grunde erhebt sich ein großer breiter Kopf, der von einem goldnen Heiligenschein eingefaßt ist. Das Haupt ist umwallt von dunkelbraunem Lockenhaar. Vier Augen, drei Nasen und drei Münder – wenn das Wort Mund überhaupt in der Mehrzahl zu verwenden ist – unter denen sich je ein kraus gelockter Bart herabzieht, der jedesmal ganz symmetrisch in zwei Spitzen ausläuft – dieses alles ist mit schablonenhafter Gleichmäßigkeit, wenn auch nicht Correctheit gezeichnet. Der Teint dieses dreifachen Gesichtes ist leichenhaft bleich, und wahrhaft gespenstisch erheben sich über ihm die einzelnen Theile des Dreigesichts, sowie das dunkle Haupt- und Barthaar. Die Augen sind halb durch die Lider verdeckt und blicken ernst auf den Beschauer herab.

Leider konnten wir über dieses, wenn auch nichts weniger als ansprechend schöne, so doch immerhin höchst interessante Bild nichts weiter erfahren, als daß es aus einem Kloster Unteritaliens stammt, aus welchem es, nachdem seit der Italia unita sämmtliche Klöster aufgehoben wurden, hinaus in die Welt gewandert war, um von irgend einem Kunstliebhaber oder Antiquitätenhändler käuflich erworben zu werden.

Es soll, wie ich später hörte, für den Spottpreis von 150 Lire in den Besitz eines vornehmen Engländers übergegangen sein. Einstweilen machte ich es mir zu nutze und verkürzte mir den trüben Regentag, indem ich das Bild mit dem Bleistift copirte. Nebenstehend die tylographische Nachbildung desselben.