Ein deutsches Sängerheim in Straßburg
[99] Ein deutsches Sängerheim in Straßburg. Jedes Lebenszeichen des nationalen Geistes aus Elsaß-Lothringen muß mit Freuden begrüßt werden. Im Jahre 1872, am Geburtstage unseres Kaisers, hat sich in Straßburg ein Männergesangverein gebildet, zunächst aus eingewanderten Künstlern, Gelehrten, Beamten und Kaufleuten, denen sich auch eingeborene Straßburger anschlossen. Der Verein zählt jetzt 450 Mitglieder, und da in der Stadt Straßburg kein Hôtel zu finden ist, welches bei großen Aufführungen und Koncerten allen Ansprüchen genügte, so will er sich jetzt ein eigenes Sängerhaus erbauen.
Um die Mittel zu diesem Zwecke zu gewinnen, hat er ein schönes Album veröffentlicht unter dem Titel „Straßburger Sängerhaus“, eine Sammlung bisher ungedruckter musikalischer und poetischer Blätter in autographischer Darstellung; die wohlgetroffenen Portraits der Dichter und Komponisten mit dem sinnvollen Schmuck malerischer Zeichnungen und Arabesken schmücken dies Album, das unsern Lesern warm empfohlen sein möge. Im Gesang des Volks spiegelt sich die Volksseele, und wenn
[100] irgend etwas geeignet ist, Eroberungen zu machen, so ist es das deutsche Lied mit seiner urwüchsigen Frische. Besonders der Männergesang, für den soviel Herrliches geschaffen worden, wird auch Kreise, welche deutschem Wesen abhold sind, für dasselbe gewinnen. Und so wünschen wir den Straßburger Sängern ein neues stattliches Heim und daß sie mit dem Zauber des Liedes schwankende Gemüther zurückführen mögen in den Bann deutscher Empfindung und deutschen Nationalgefühls. †