Ein blinder Schauspieler
Es mag Sänger und Dichter, mag Lehrer und Gelehrte geben, welche, der edelsten Himmelsgabe, des Augenlichtes beraubt, gleichwohl in ihrem Berufe zu wirken fortfahren und in ihren Werken die Spuren ihres herben Geschickes nicht ahnen lassen. Lehrt doch die Erfahrung, daß der Verlust des äußeren leiblichen Auges meist sogar dazu beiträgt, das innere geistige Auge zu schärfen. Die Phantasie, ungehemmt durch die Eindrücke der sinnlichen Welt, gewinnt an Regsamkeit, das Gedächtniß an Kraft.
Eine Erscheinung dagegen einzig in ihrer Art dürfte sich in einem Schauspieler darbieten, der seinem künstlerischen Berufe, dessen Ausübung, wie man glauben sollte, durch den Besitz gerade der Sehkraft unerläßlich bedingt ist, nach seiner völligen Erblindung auch ferner erfolgreich gedient hat und gegenwärtig noch dient. Die deutsche Bühne besitzt eine solche Erscheinung in dem herzoglich meiningen’schen Hofschauspieler Joseph Weilenbeck.
Kurz vor Beginn des ersten Berliner Gastspiels der Gesellschaft [805] des meiningen’schen Hoftheaters kann mir über den Zustand Weilenbeck’s eine nur flüchtige und gelegentliche Bemerkung zu Ohren, auf die ich nicht sonderlich achtete. Als ich ihn darauf in der Rolle des „Papst Sixtus der Fünfte“ in Julius Minding’s gleichnamiger Tragödie sah, erinnerte ich mich jener Bemerkung, folgte der Darstellung mit gespanntester Aufmerksamkeit und gewann den Eindruck, daß der Künstler soviel Sehvermögen besitzen müsse, um die ihn umgebenden Gegenstände, wenn auch nur in undeutlichen Umrissen, erkennen zu können. Das Mienenspiel war gewandt und lebendig; die Augen selbst schienen eine beredte Sprache zu sprechen; die Bewegungen, zwar gemessen und spärlich, waren doch sicher und abgerundet. Auch in der Art des Stehens und Gehens verrieth sich kein anomaler Zustand. Auffallend, und auch dies wohl nur für den Eingeweihten, konnte es höchstens sein, daß der Künstler beim Betreten und Verlassen der Bühne selten allein erschien und, wenn dies nicht zu vermeiden war, von den auf der Bühne bereits befindlichen Personen geleitet wurde. Auch ließ sich bei schärferer Beobachtung wahrnehmen, daß die Mitspieler, namentlich wenn ihrer mehrere gleichzeitig mit dem Künstler zu agiren hatten, sich in ihren Bewegungen genau nach ihm richteten und dieser oder jener von ihnen während des Dialogs bisweilen durch eine plötzliche Wendung diejenige Stellung annahm, welche ihm Weilenbeck gegenüber angesichts der jeweiligen Situation die natürlichste sein mußte. Erst im näheren persönlichen Verkehre mit dem hartgeprüften Künstler lernte ich an die ganze Schwere seines Geschickes glauben, indem ich erfuhr und bestätigt fand, daß er in Wahrheit vollständig erblindet sei.
In Fiume am adriatischen Meere im Jahre 1820 geboren, der Sohn eines höheren österreichischen Staatsbeamten, widmete sich Joseph Weilenbeck in Graz dem Studium der Rechte. Im Alter von vierundzwanzig Jahren entsagte er der juristischen Laufbahn, um auf den weltbedeutenden Brettern sein Glück zu versuchen. An verschiedenen Bühnen, namentlich in Prag und Breslau, war er erfolgreich thätig.
In Prag war ihm das durch Friedrich Haase verwöhnte Publicum anfangs mit ausgesprochener Zurückhaltung begegnet, allmählich aber erwärmte es sich und erkor den Neuling zu einem seiner Lieblinge. Auch außerhalb der Bühne machte sich der junge Künstler überall durch Geist und Humor beliebt. Er gehörte einem Kreise von Prager Einwohnern an, die täglich in einem bestimmten Café der Geselligkeit pflogen. Zu ihnen zählten Palacky, der Advocat Pinkas, der berühmte Historiograph, der später eine Zeitlang die oberste Leitung des königlichen Landestheaters führte, Ladislaus Rieger, der eifrige Vertreter der czechischen Interessen, der geistvolle Kritiker Kuh, der damals vielgelesene Romanschriftsteller Julius Gundling und der Dichter des „Ziska“, der Apostel der böhmischen Freiheitsidee, Alfred Meißner, der nicht genug zu rühmen weiß, zu wie manchem gesunden Lachen Freund Weilenbeck der Gesellschaft verholfen habe.
„Da saßen wir,“ erzählt er, „rauchten und redigirten – um einen aus der Hegel’schen Zeit stammenden Ausdruck zu gebrauchen – die Vernunft der Ereignisse, was dasselbe besagt, wie das spätere ‚die Logik der Thatsachen construiren‘. Jeder suchte von seinem Standpunkte aus die Zeit zu begreifen, die allerdings eine schreckliche, infame und schwer begreifliche war. Nichts blieb unerörtert, was sich dazumal zwischen dem Polarkreise und dem Wendekreise des Steinbockes begeben. Wie viele Leitartikel wurden an diesem Tische gesprochen und wie viele nie zum Druck gelangte Feuilletons der Kunst, der Literatur, dem Theater und dem geselligen Leben geweiht!“
Weilenbeck vertrat das Charakterfach. Unter dem Namen Warbeck ging er zur Bühne. Die Feuerprobe des „ersten Versuchs“ bestand er als „Rudolph“ in Theodor Körner’s „Hedwig“ im kleinen Theater zu Wiener-Neustadt. Als erste bedeutende classische Rolle gab er in Posen den „König Philipp“. Hier lernte ihn Meister Döring kennen, mit dem er in einer Lear-Vorstellung zusammen wirkte und der den damaligen Director Voigt auf ihn als auf „einen ungewöhnlich begabten Mimen“ aufmerksam machte. Die Gastspieltouren der Posener Gesellschaft ließen ihn auch nach Bromberg gelangen, wo der am dortigen Gymnasium angestellte Professor Rötscher ihn auszeichnete und sich namentlich über seinen „Ossig“ in Raupach’s „Isidor und Olga“ lobend äußerte. Ueber Weilenbeck’s Leistungen zur Zeit seines Prager Engagements urtheilte Alfred Meißner aus eigener Anschauung: „Das eigentliche Revier seines Talents, in welchem er sich mit Behagen erging, war das der kalten Tyrannen à la Philipp oder Alba und der confiscirten Schurken à la Muley Hassan, Franz Moor, Jago. Doch auch im gemüthlichen Genre konnte er packen und rühren; sein Jude Schewa, sein Rabbi Akiba waren fürwahr lebende Gestalten, die man nicht vergißt. Bis in die Komik hinüber konnte er greifen und wußte insbesondere lederne Philister, vertrocknete Bureaukraten mit dem glücklichsten Humor zu zeichnen.“ Seit dem Jahre 1870 Mitglied des Hoftheaters zu Meiningen, ist er bei den sämmtlichen drei Berliner Gastspielen der Meiningen’schen Gesellschaft betheiligt gewesen. Außer der schon erwähnten Rolle des „Papst Sixtus der Fünfte“ gab er hier den „Argan“ in Molière’s „eingebildetem Kranken“, den „Shylock“, den „Andreas Doria“, den „Freiherrn von Attinghausen“, den „Kaiser“ in „Käthchen von Heilbronn“ und den „Holzhüter Weiler“ in Otto Ludwig’s „Erbförster“. Sein „Sixtus“ und „Shylock“ sind stilvolle Leistungen; sein „Argan“ ist in Auffassung und Charakteristik eine unübertreffliche Lustspielfigur.
Weilenbeck widmete sich seinem Berufe mit der wärmsten Begeisterung und dem unermüdlichsten Fleiße. Ein Zug seines Charakters ist die Energie, mit welcher er an die Lösung einer Aufgabe, die ihn gerade beschäftigt, all’ seine geistigen Kräfte zu setzen pflegt. Weilenbeck gehörte nicht zu denen, welche meinen, daß die natürliche Begabung ausreichend sei zu der Kunst der Menschendarstellung auf der Bühne und daß sie einer gründlicheren, wissenschaftlichen Bildung nicht bedürfe. Handelte es sich um eine hervorragende Rolle in einem historischen Stücke, so vertiefte er sich in die eingehendsten Studien über den darzustellenden Charakter und die Zeitverhältnisse, in deren Rahmen sich das Drama vollzog. Bücher über Bücher pflegte er dann zu durchforschen und Nächte hindurch der Arbeit nicht müde zu werden. Dieser Wissensdrang mag den ersten Keim zu seiner Erblindung gelegt haben. Nicht plötzlich, nicht in Folge einer besonderen äußeren Veranlassung brach sie über ihn herein, sondern langsam und allmählich sah er das Licht der Augen, des „Aermsten allgemeines Gut“, verloren gehen. Es war Ende 1869. Weilenbeck promenirte mit einem Freunde im den Straßen Breslaus. Da, mit einen Male, bleibt er stehen und wendet sich, zitternd vor Aufregung, an seinen Begleiter mit der Frage, was denn die Ursache einer so plötzlichen Verfinsterung sein könnte? Ehe noch der Freund sein Erstaunen über die seltsame Frage geäußert hatte, war der Zustand, der den Sehenden für wenige Augenblicke zum Blinden gemacht hatte, vorüber. Aber von jenem Tage an brannte ihm keine Studirlampe hell genug. Wenn er zu lesen anfing, schienen ihm die Buchstaben ineinander zu schwimmen, und erst, wenn er längere Zeit auf das Papier hingestarrt hatte, standen sie fest.
Der Arzt, den er zu Rathe zog, legte anfangs auf das Uebel kein großes Gewicht; er erklärte es als eine durch die zur Nachtzeit betriebenen Studien veranlaßte Nervenaffection. Beruhigt trat Weilenbeck sein neues Engagement in Meiningen an, wohin er durch Friedrich Bodenstedt nach einem einmaligen Gastspiel als „Marinelli“ berufen worden war. Allein der Zustand verschlimmerte sich. Während dem Künstler von mehreren Seiten ehrenvolle Engagementsanerbietungen zu Theil wurden, unter denen ihn am meisten die Aussicht lockte, in Stuttgart an Grunert’s Stelle zu treten, begab er sich nach Halle, um den dortigen Professor Alfred Gräfe, den Vetter des berühmten Berliner Augenarztes, zu consultiren.
Der Arzt, nachdem er den Zustand auf das Gründlichste untersucht hatte, erkannte in ihm eine Atrophie der Sehnerven. „Sind Sie stark genug, die Wahrheit zu hören?“
„Eben deshalb bin ich gekommen.“
„Die Wissenschaft kann Ihnen nicht helfen. Sie werden in kürzester Zeit erblinden.“
Mit dieser schrecklichen Gewißheit kehrte der Künstler nach Meiningen zurück, um hier bekümmerten Herzens seinen Pflichten zu genügen und zugleich die Vorbereitungen zu treffen, welche die Prophezeiung des Arztes ihm nahe legte. Noch am ersten Januar 1870 hatte er, ohne sein Schicksal zu ahnen, im Vollbesitz seiner geistigen Frische und körperlichen Kraft den [806] „Marc Anton“ gespielt. Im folgenden Mai reiste er nach Berlin, um seinen Zustand auch von dem berühmteren Gräfe, dessen frühzeitiges Hinscheiden im besten Mannesalter wenige Monate später beklagt wurde, prüfen zu lassen. Er erkundigte sich nach der geeigneten Zeit, zu welcher der vielbeschäftigte Mann in der eigenen Wohnung sich consultiren ließe. „Kommen Sie,“ hatte ihm der Diener gerathen, „um neun Uhr Abends hierher! Dann will ich versuchen, daß Sie vor Mitternacht vorgelassen werden.“
Punkt neun Uhr erscheint Weilenbeck in Gräfe’s Haus, vor dem sich eine stattliche Anzahl eleganter Equipagen angesammelt hat. Das Wartezimmer füllt sich mit Patienten. Es wird halb zehn Uhr, ehe der erste vorgelassen wird. Um elf Uhr ist die Reihe noch nicht an Weilenbeck gekommen. Da endlich wird er aufgerufen. Der Diener geleitet ihn aus dem Erdgeschoß in den ersten Stock, zu dem eine hellerleuchtete Marmortreppe führt.
Weilenbeck wird in ein großes, von einer Lampe matt erhelltes Zimmer geführt, in dessen Mitte an einem Tische, umgeben von Büchern und Instrumenten, eine Gestalt sichtbar wird, deren Gesichtszüge er erst, als er nahe herangetreten, erkennen konnte. Da saß ein junger Greis, der den Patienten fast leise mit den Worten anredete: „Was macht Sie so unglücklich, meine Hülfe zu suchen?“ Die Consultation war kurz. Weilenbeck schied ohne das Labsal empfangener Hoffnung. Um nun die Abnahme der Sehkraft wenigstens nach Möglichkeit zu verzögern, ließ er kein Mittel unversucht. Welche Reisen hat er unternommen, welchen Curen sich unterzogen! In der Schweiz am Gießbache und in Ungarn in der Büdös-Höhle an der Grenze Siebenbürgens suchte er Hülfe. Alle Bemühungen waren fruchtlos. Die Zeitungen durchlief zwar wiederholt die Nachricht, der Künstler befinde sich „auf dem Wege der Besserung“; einmal hieß es sogar, er habe durch den Gebrauch eines Heilwassers das Augenlicht wieder erlangt, aber statt dessen hatte in Wahrheit das Uebel sich nur verschlimmert, und bald konnte Weilenbeck die selbst in nächster Nähe ihn umgebenden Gegenstände nur noch als farblose und wie durch einen dichten Schleier erkennen.
Trotz dieses Zustandes, von dem der damals sonst kerngesunde Künstler betroffen wurde, blieb Weilenbeck seinem Berufe treu, und darin liegt das Problematische seiner Erscheinung. „Wüßte die Welt,“ schrieb er an mich, „welche Geisteskraft, welche Geduld, welche Selbstbeherrschung dazu gehört, dem furchtbaren Geschicke der Erblindung zu trotzen, und wie wunderbar es doch ist, welchen Fleiß, welchen Muth es erfordert, Andere das schauen zu lassen, von dem man selbst keine sinnliche Anschauung hat!“ Ein blinder Schauspieler! Nicht ein Rhetor, der von dem sichern Port des Katheders aus declamirt! Ein Schauspieler, der, obwohl es finstere Nacht um ihn her ist, der lebensvollen Darstellung verschiedenartigster Charaktere fähig bleibt! Man versuche einmal, nur wenige Minuten lang mit geschlossenen Augen in einem Zimmer frei zu agiren, und man wird die Schwierigkeit des Versuchs erkennen. Wie viel bedenklicher wird es für einen wirklich Blinden sein, sich auf die heißen Bretter der Bühne zu wagen, und wie viel schwieriger, vor einem großen Publicum, von dem er weiß, daß Aller Augen auf ihn gerichtet sind, sich ungezwungen und mit jener Sicherheit zu bewegen, die den Zuschauer seine Blindheit nicht erkennen läßt oder, falls er Kenntniß von ihr hat, nicht derart an sie erinnert, daß seine Illusion zerstört wird. Daß Weilenbeck den erforderlichen Grad jener Sicherheit besitzt, bezeugt der Umstand, daß bei dem ersten Berliner Gastspiele die sich im Publicum allmählich verbreitende Kunde seiner Blindheit ungläubig oder mindestens doch als ein stark übertriebenes Gerücht aufgenommen wurde.
Nach wie vor spielte Weilenbeck seine früheren Rollen, den Franz Moor, den Mephisto, den Selbitz, den Buttler, den Cromwell. Trotz der unsäglichen Anstrengungen ließ er sich nicht zurückhalten, auch neue Partien einzustudiren. Zu diesen neuen gehörten die des „Papst Sixtus“ und die „Karl’s des Neunten“ in Lindner’s „Bluthochzeit“. Dabei kam ihm die seltene Kraft seines Gedächtnisses zu Statten. Häufiges Vorlesen der Rollen genügte, um ihn des Memorirstoffes sicher werden zu lassen. Auf den Proben wurde jeder seiner Schritte auf das Genaueste berechnet. Aber trotz alledem wäre ein Weiterspielen nicht möglich gewesen ohne das bereitwilligste Entgegenkommen der Mitspielenden, das ihm denn auch im reichsten Maße zu Theil wurde. Nur durch ihre unausgesetzte Beobachtung seines Spiels läßt sich z. B. der Fall vermeiden, daß der Blinde während des Dialogs eine ungehörige Position einnimmt und wohl gar demjenigen den Rücken zuwendet, an den er gerade seine Worte zu richten hat. Auch erfreute sich Weilenbeck und erfreut sich noch der besonderen Gunst und warmen Theilnahme des Herzogs von Meiningen, mit welchem der Künstler, während er, um Heilung zu finden, in der Ferne weilte, eine lebhafte Correspondenz unterhielt und der ihn auch äußerlich durch Verleihung des sächsischen Hausordens ehrte, eines Schmucks von besonderem Werthe für einen Blinden, der ihn für Verdienste, in der Blindheit erworben, empfing.
Weilenbeck wird auch ferner seine Kunst üben. Er geht mit dem Plane um, in einer Anzahl von Stücken zu spielen, in welchen ein Blinder die Hauptrolle hat. Diesem Zwecke sollen zunächst eine Bearbeitung des alten guten französischen Volksstücks „Das Weib des Soldaten“ und eine Dramatisirung des Max Ring’schen Romans „John Milton“ entsprechen.
Als Künstler ein Charakterdarsteller, ist Weilenbeck auch als Mensch ein Charakter. Er trägt sein Schicksal mit Muth und Ergebung. Mancherlei Widriges, das ihn neuerdings heimgesucht, eine langwierige Krankheit seiner treuen Pflegerin, an die er seit sechs Jahren gewöhnt war, das ihn oft peinigende Bewußtsein des Alleinstehens in der Welt, die bange Sorge um die spätere Zukunft des durch äußere Glücksgüter nicht gesegneten Mannes, all’ das und manches Andere hat seinen alten Humor nicht zu brechen vermocht. Eine gewisse nervöse Erregbarkeit, die sich leicht seiner bemeistert, ist die Eigenschaft aller Erblindeten – um wieviel natürlicher ist sie bei einem erblindeten Schauspieler! Zu der Lebhaftigkeit seines Geistes, zu der Fülle seiner Kenntnisse, zu seiner reichen Erfahrung und seiner seltenen Erzählergabe, die ihn zu einem anregenden und liebenswürdigen Gesellschafter machen, gesellt sich die Bescheidenheit seines Wesens. Vielleicht sieht er sich selber später einmal veranlaßt, sein reich bewegtes Leben zu schildern; eine Biographie Joseph Weilenbeck’s, des blinden Veteranen der Schauspielkunst, würde in künstlerischer, wie in psychologischer Beziehung von Interesse sein. Was in diesen Zeilen aus seinem Leben mitgetheilt ist, mußte förmlich von ihm erobert werden. „Es dürfte,“ schrieb er, „eine Anforderung der Bescheidenheit sein, daß meine Person in den Hintergrund tritt; Hauptsache bleibt das Merkwürdige der Erscheinung, daß ein blinder Mann weiter spielt, nicht weil es ihm eine Befriedigung der Eitelkeit ist, sondern weil ihn ein höheres, unerklärbares Etwas dazu treibt und ihm auch die Kraft verleiht, das Seltene, man kann wohl sagen: das Unglaubliche zu vollführen.“ Max Remy.