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Ein Traum (Ringelnatz)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Hans Bötticher
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Titel: Ein Traum
Untertitel:
aus: Gedichte, S. 18–19
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1910
Verlag: Hans Sachs-Verlag Schmidt-Bertsch & Haist
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Erscheinungsort: München, Leipzig
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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Ein Traum


Es war nur ein Traum, doch es war eine Pracht!
Ich glaubte in mondscheinsilberner Nacht
Auf schwellendem Rasen zu liegen.
Ein glänzendes Schloß erhob sich kühn

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Und ich sah aus dem Fenster epheugrün

Ein Märchenkind lauschend sich biegen.

Ein Mädchengesicht, so lieb, so traut,
Wie ich es nimmer zuvor geschaut.

Gleich flüssigem Golde erglänzte ihr Haar

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Und ich las in dem dunklen Augenpaar

Ein wehmütig banges Erwarten.
Ein leiser Wind erquickte die Luft
Und trug einen süßen, berauschenden Duft
Vom Holunderbusch durch den Garten.

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Dort saß an des Springbrunns Sprudelquell

Geigend ein müder Wandergesell.

Und als dann – und das war so schön in dem Traum –
Eine Nachtigall hoch im Lindenbaum
Mit einstimmte in seine Lieder

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Und schluchzend sang, wie von Schmerz und Lust,

Da war es, als fiele auf meine Brust
Das Glück wie ein Morgentau nieder. – –

Die alten Linden seufzten im Wind.
Im Schlosse weinte das Märchenkind.

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Da flog aus dem Schatten gespenstig vom Dach

Eine Fledermaus auf. Da wurde ich wach
Und alles war plötzlich verschwunden.

Ödes Erwachen. Wie leerer Schaum
Zerronnen war alles, was ich im Traum

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So selig geschaut und empfunden. – –


Doch wie ein Trost kams über mich dann:
O glücklich, wer noch so träumen kann!