Ein Tänzchen
[680] Ein Tänzchen. (Mit Illustration auf S. 669.) Nicht bloß im sonnigen Thüringen, auch in anderen Gegenden unseres deutschen Vaterlandes können wir es sehen, wie wenig Vorbereitungen zu solch einem Tanze nöthig sind. Ein Geiger, ein Flötenspieler, Einer, der die Trompete zu blasen oder mit der Handharmonika umzugehen weiß, ist leicht und an jedem Orte zur Hand; und etliche Burschen und Dirnen finden sich gleichfalls überall zusammen. Weiter ist aber nichts vonnöthen. Der erste Ton der Geige oder welches Instrumentes immer – und wie ein Ruck geht es durch die Reihen, wie auf Kommando erstrahlen die Gesichter noch einmal so hell, setzen sich allsogleich die Füße in Bewegung. Fehlt’s an Burschen, so tanzen die Mädchen unter sich; sind die ersteren zu linkisch, zu schüchtern, gehen ihnen die letzteren mit ermunterndem Beispiel voran.
So auch auf unserem Bilde. Der Frohsinn lacht den beiden Tänzerinnen, welche den Reigen eröffnen, aus den Augen; daneben der Schalk. Ob’s aber hilft, ob sie sich jetzt ein Herz fassen, diese zaghaften Burschen? Freilich, ein Paar kommt bereits, andere werden folgen.
Die anmuthigen Gestalten unseres Bildes – ihre engere Heimath ist die Gegend zwischen Inselsberg und Eisenach – gehören ihrer kleidsamen Tracht nach in den Anfang dieses Jahrhunderts: was thut’s? Die Zeiten gingen, die Namen wechselten, auch die Trachten wurden andere; Waldesgrün und Sonnenschein, Jugend und Frohsinn aber blieben dieselben. – th.