Ein Hausmittel
[324] Ein Hausmittel. Der berühmte Mathematiker William Hutton wurde von den schlichten Landleuten seiner Nachbarschaft wenn auch nicht gerade für einen Zauberer, so doch für einen Mann gehalten, der in allen Fällen Rath schaffen könne, und sie wandten sich daher oft mit den wunderlichsten Anliegen an seine stets bereite Dienstfertigkeit. So ließ sich eines Tages eine wackere Bauersfrau bei ihm melden und erzählte ihm mit geheimnißvoller Miene, daß ihr Mann sich gar nicht mehr gut gegen sie benähme, fremde Gesellschaft suche und die Abende meist außer Hause zubringe, was sie recht unglücklich mache. Da sie nun Herrn Hutton als einen sehr gelehrten Mann kenne, hätte sie geglaubt, er werde ihr wohl irgend ein Mittel angeben können, ihren Mann wieder herumzubringen. Der Fall war gerade kein ungewöhnlicher und der Mathematiker glaubte dafür verschreiben zu können, ohne seinen Ruf als Wundermann in Gefahr zu bringen. „Das Mittel ist sehr einfach,“ sagte er, „hat aber meines Wissens seine Wirkung noch nie verfehlt: zeigen Sie Ihrem Manne immer ein freundliches Lächeln.“ Die Bäuerin dankte, knixte und ging. Einige Monate später kam sie wieder zu Hutton und brachte ein Paar schöne Hühner, die sie ihn bat anzunehmen. Mit Thränen der Freude und Dankbarkeit in den Augen erzählte sie ihm, daß sie sein Mittel angewendet habe und ihr Mann richtig curirt sei: er suche jetzt keinen fremden Umgang mehr, bliebe meist immer zu Hause und behandle sie mit unwandelbarer Liebe und Güte.
Diesem einen wohlberechneten Hausmittel des großen Mathematikers möge gleich ein zweites folgen, das er einem jungen Ehepaare mit in die Wirthschaft gab. Mißverständnisse und Zwist niemals aufkommen zu lassen, meinte er, sei ein unerfüllbares und daher albernes Verlangen, dagegen aber sollten sie sich das Wort geben, nie Beide zugleich in Zorn zu gerathen, durch welchen einfache Uebereinkommen sie alle schlimmen Folgen derartiger Vorkommnisse auf’s sicherste abwendeten.