Ein Gruß an die Deutschen in Nordamerika
Ein Gruß an die Deutschen in Nordamerika.
Schon zwei Jahrhundert’ floß die Fluth
Des Völkerstroms gen Westen,
Eh’ sich in ihn germanisch Blut
Ergoß in tausend Aesten. –
Verrauscht aufs neu zweihundert Jahr’,
Seitdem in Schmerzenstagen
Mußt’ um die erste Flüchtlingsschar
Die deutsche Heimath klagen.
Heut’ klagt sie nimmer, schaut mit Fug
Stolz auf die tapfern Sprossen,
Die furchtlos einst mit Axt und Pflug
Den Urwald sich erschlossen,
Die mühsam durch der Steppe Grund
Den Weg gewußt zu bahnen – –
Die Söhne will durch Sängers Mund
Die alte Heimath mahnen.
Verrostet lang hing Deutschlands Wehr –
Das Reich zerstückt, zerschlagen!
Von deutscher Freiheit, Macht und Ehr’
Ging’s nur noch um in Sagen.
Getrennt durchs Weltmeer, saht ihr kaum
Noch Deutschlands Sterne scheinen –
Nur manchmal hörtet ihr im Traum
Die alte Heimath weinen.
Da kam der Tag, wo erz’ner Klang
Aufrüttelte die Stämme;
Da brach des Volkes Einheitsdrang
Wie Sturmfluth alle Dämme;
Da reckt’ des Reiches Riesenbau
Sich auf mit Thurm und Zinken –
Hoch saht ihr über Meeresblau
Die alte Heimath winken!
Ihr Brüder in der neuen Welt,
Seid eins auch ihr im Ringen!
Wenn Deutsch mit Deutsch zusammenhält,
Wer wollt’ es da bezwingen?
Dem Staat, den ihr euch wähltet, treu
Doch treu auch ohne Wanken
Euch selbst – dann wird euch immer neu
Die alte Heimath danken!
Habt drüben auch in freiem Land
Ihr neues Heim erstritten –
Wahrt deutsch das Herz und deutsch die Hand,
Bleibt deutsch in Sein und Sitten!
Sterbt ihr dereinst in solchem Bund –
Mit Mutterlaut, dem süßen,
Wird segnend noch in letzter Stund’
Die alte Heimath grüßen!
Ernst Scherenberg.
- ↑ Die Deutschen Kentuckys begehen an diesem Tage in Anknüpfung an die vierhundertjährige Jubelfeier der Entdeckung Amerikas das Andenken an das Eintreffen der ersten deutschen Auswanderer in den Vereinigten Staaten vor zweihundert Jahren.