Ein Gesang von Toten
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Der Staatsmann
Im wilden Sitzungssaale
– Ich räusperte mich allzuoft
Und stand, als Lineale
Den Schädel schonten unverhofft.
– Er war nervös und dunkelstumm –
Durchfuhr ich goldne Breschen
Von Flaggen, Wind und Publikum.
Auf künstlichen Kongressen
Zu Hause die Komtessen
Küßten mir artig Wang’ und Hand.
Nun ist es mir verglitten –
So leer es war, nun ist es um.
Ein Ruf nur bleibt. Warum?
Das Dienstmädchen
Kleiner Weg durch kleine Küchen!
Früh sagt der Portwisch: Mach rein!
Und da kommt der Herr mit verschlafenen Flüchen,
Oft sang ich an einem Bügelbrett.
Nachts lag ich in einem roten Bett.
Und kamen abends Gäste ins Haus,
Sahn sie mich nicht an beim Schmaus.
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Hatte ich da das Monatliche,
Lief ich doch ein und aus.
Einst war ein Sonntag gut
Im Kino und beim Photographen …
Was ist es, daß mein Herz nicht ruht?
Der Kanarienvogel
Ich sprang von meinem Holm
In den Silberring.
Da schlugen große Uhren durchs Zimmer,
Kam riesige Wonne her.
Es waren Wesen da
Mit Paradiesesstimmen,
Die brachten früh mein gelbes Bad.
Und der Fensterbaum immer.
Einst schwebten Augen auf mich herab,
Da schwirrte ich in meinen kleinen Sand.
War müd’ und tot.
Die Schultasche
An den Kinder-Knien
Schlug ich hin und her,
Manchmal wie es schien
War ich leicht und manchmal war ich schwer.
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Der mich treue schätzt.
Eine Hand gebräunt,
Hat mich schwarzgenägelt, dann zerfetzt.
Einmal war ich hier
Warum gibt’s in mir
Alte Sehnsucht noch nach altem Haus.
Der Geist
Nicht ist es mir bestimmt zu ruhn,
Da ich doch einmal schmerzlich bin,
Und Form zu werden, ist mein Sinn.
Wer zwingt mich denn dazu,
In Qual und Trägheit zu erstehn,
Statt in die zarte Ruh’
Was war ich denn ein kleiner Traum,
War Susa und war Kapernaum?
Ein Held, der wild mit Niggern rang,
Und eine alte Frau,
Und immerfort bin ich ein Ort,
Bin Sternenwind und -tier
Und bin Ihr alle vier.
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Der Staatsmann
Auch war einmal ein Tag,
Und eine Träne stand
In seinem Aug’ und seine Hand
In meiner lange lag.
Aus meiner Brust empor,
Goldschwirrend, wie aus einem schönen Vogelschlag.
Das Dienstmädchen
Einst sagte die Mutter zu mir:
Was lachst denn dummes Mädel?
Die Landstraß’ war schön,
Gott, hab’ ich da weitergelacht! –
Der Kanarienvogel
Oft wußt ich, daß eine Mutter war,
Die sang durch meine Nacht wunderbar,
Was in uns rann, war eins.
Hob sich auf vom Schnabelrand,
Jubel und schön!
Die Schultasche
Einmal senkte jemand in mich
Eine Chrestomathie.
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Groß, wie noch nie.
Zufühlt’ ich rings dem, was geschah,
Wir alle sind, alle sind da!!
Der Geist
Ihr alle, alle, die ich bin
In dem Ekel der Ewigkeit
Kommt jedem seine Zeit
Und reißt ihn hin.
Gott, Freude, Ziel der Verwandlung, dem ich danken kann,
Ich stürze — — — ich bete an!
Gesang der Toten vor neuem Leben
Wie es sich doch bereitet,
In neue Sphären uns zu ziehn.
Wie formt, was uns begleitet,
Ein süß geschwelltes Trauern
Zeigt uns Durchschwebtes wunderbar,
Zeigt uns in altem Schauern,
Wie ich im Speisezimmer war.
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An Atemteil war, dumpf und froh.
Ach, da wir nichts besessen,
Was faßt uns das Verlorne so?!