Ein Dichter-Grab
Ein schmucklos Grab: ein Stein und eine Eiche,
Ein stiller Frieden, der darüber liegt,
Gebettet unten eines Dichters Leiche,
Vom Blätterrauschen in den Schlaf gewiegt.
Ein müder Wandrer, krank und aufgerieben
Von rauhen Wegen und von bitt’rer Noth,
Zur Quelle kam er, und ist dort geblieben,
Er suchte Heilung und genas – im Tod.
Daß Deinem Schlummer nicht die Ruhe fehle,
Die stets geflohen Deines Lebens Pein,
Ließ Deiner Freundin zarte Dichterseele[1]
Der Eiche Zweige schatten Deinen Stein.
Verlassen bist Du Armer nun nicht länger,
Die Eiche hütet treulich Deinen Traum,
Du warst es werth: es darf der deutsche Sänger
Wohl Frieden finden bei dem deutschen Baum.
Schlaf’, Seume, sanft! Im Grund die Wurzeln schlingen
Sich um Dein Haupt, wie einer Mutter Arm,
Und Vöglein oben in dem Wipfel singen
Ein Lied, wie Deines innig zart und warm.
- ↑ Die Gräfin von der Recke unterstützte den armen Seume in Teplitz bis zu seinem Tode am 10. Juni 1810.