Ei, heut’ ist keine Schule!
Beim Schulhaus bleiben die Leute steh’n.
So sagt, was ist denn dort zu seh’n?
In Laubschmuck prangt die Pforte ganz,
Darüber hängt ein großer Kranz.
Heut Garn auf ihre Spule,
Denn sie jauchzen von Haus zu Haus und schrei’n:
„Ei, heut’ ist keine Schule!“
Wo sonst die Bänk’ und Tische, ist heut
Das Bücherbret nur allein hielt Stand
Und die schwarze Tafel an der Wand.
Ein frisches Hemd am Wochentag
Und Sonntagsrock und Weste?
Wohl für besondre Gäste?
Da sitzt er lächelnd im Sonntagsstaat,
So froh, wie kein König im Ornat.
Es zieht zu seines Geburtstags Ehr’
O Ernteglück in dem treuen Gesicht!
Wie behaglich im Großvaterstuhle
Der alte Lehrer selber spricht:
„Ei, heut’ ist keine Schule!“
„Guten Morgen, Herr Lehrer!“ aus einem Mund.
Und da kommen sie alle im Sonntagsgewand,
Und keines der Kinder mit leerer Hand.
Und die Freude strahlt aus jedem Blick,
Dem einmal im Jahre so lohnet das Glück
Dreihundert Tage der Mühen.
In der Welt ist kein König und Volk zu schau’n
Mit solchen Augen voll Lieb’ und Vertraun!
Für die Schule in Allen zum rechten Muth!
Blieb’ sie ein Kleinod Weib und Mann,
Ein Theuerstes auf Erden!
Fürwahr, wie würde glücklich dann
Hab’ Acht, hab’ Acht, klug ist die Nacht,
Steh’ für die Schule auf der Wacht,
Du Volk, das um Erleuchtung rang
Und schweren Kampfs die Nacht bezwang –
Sich in des Machtwahns Pfuhle
Und einst sein Hohn nur triumphirt:
Ei, heut’ ist keine Schule!
- ↑ Von C. Lasch, dem Künstler unserer Illustration „Der Geburtstag des Dorfschullehrers“, haben unsere Leser schon früher (Gartenlaube 1866, Nr. 15) Treffliches gesehen, und um so mehr freuen wir uns, mit obigem Bilde ihnen ein neues Erzeugniß dieses ausgezeichneten Düsseldorfer Künstlers vorlegen zu können.