Drey Sonnette an Grafen Reinhardt
Drey Sonnette an Grafen Reinhardt.
(damaligen französischen Gesandten in Bern.)
den 28sten October 1800.
I.
Was hör’ ich für melodische Gesänge!
Die trübe Zeit seh’ ich vor mir sich hellen;
Der Jugend Brunnen hör’ ich lieblich quellen,
Entrissen meiner Nähe dumpfer Enge.
Das Herz will fast vor Wonnen mir und Wehen
In fremdem Hall und Duft und Licht vergehen;
Verlornes Paradies! dich darf ich sehen.
Da führte mich die Muse dir entgegen;
In Liebe sah die Mus’ uns sanft entbrennen.
Es sproßten Rosen hold auf unsern Wegen;
Es leuchtete vor uns der Hoffnung Segen.
Ach mußtest du sobald, Geschick, uns trennen!
II.
Dich hat das Schicksal unstät umgetrieben,
Zu fremdem Volk dich bald in fremdem Lande
Hinausgeführt, und deines Schiffes Bande
Sind in der Fluth des Volkes fest geblieben.
Bey’m Wogengrimm in wildempörter Brandung
Ward deinem doch die sichre schöne Landung;
Treu ist das Glück dir, wie dein Herz, geblieben.
Auch wollten dich die Musen nicht verlassen,
Sie lüfteten die Wimpel dir der Ehre.
Die Liebe kam, die Hand dir treu zu fassen;
Was wäre Leben, wo nicht Liebe bliebe,
Und Ehre, wenn die Mus’ um sie nicht wäre?
III.
Im vielbetretenen, im schmalen Gleise,
So führten mich mit strenger milder Rechte,
Den weithinstrebenden, die Lebensmächte.
Sie ehrend, zürn’ ich nicht dem engen Kreise.
Wie Weniges gewährten mir die Stunden:
Doch sollt’ ich ob der Täuschung mich betrüben?
Des Maaßes Kunst ward doch von mir gefunden.
Die Wünsche hat die strenge Zeit gezügelt,
Mit ihnen auch dein reines Bild sich spiegelt;
Mein Herz mir sagt: er hat mich werth gefunden,
Mein Freund zu seyn in jenen Hoffnungstagen;
Er ist es noch – wagt es sich dann zu sagen.
IV.
An mich
(Beilage zu den Vorigen.)
Im engen Kreis bannt mich der Arm des Zwanges,
Mein Herz muß oft an Lieb’ und Freundschaft darben;
So manche Keim’ und manche Blüthen starben.
Was bleibt mir noch? – die Liebe des Gesanges.
Sie will schon hier mein welkend Seyn erneuen,
Will Blumenduft um meine Oede streuen,
Und reichlicher mir jeden Raub erstatten.
Sie soll hinab mich leiten zu den Schatten;
Aus goldner Schale sie den lautern Frieden.
In ihrem Dienste will ich nicht ermatten,
Was auch um mich die Fluth der Zeiten wüthet,
Bleibt ihre Liebe meiner nur beschieden.
Conz.