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Dionysius und der Dichter

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Susanne von Bandemer
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Titel: Dionysius und der Dichter
Untertitel:
aus: Neue vermischte Gedichte, S. 76–78
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Erscheinungsdatum: 1802
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google, Kopie auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[76]

Dionysius und der Dichter.


Dem Dionysius, der durch Gewalt die Krone
Von Syrakus gewann, der Bürger Schrecken war,
Und selbst voll Todesfurcht auf dem geraubten Throne
Erbebte, stellte sich ein armer Dichter dar,

5
Und übergab ein Lied, das seine Heldenthaten,

Sein Glück und Recht, die Wohlfahrt seiner Staaten,
Und sein großmüthig Herz besang.
Der gute Dichter hofft auf einen goldnen Dank:
Doch der Tyrann, der selbst mehr Schätze zu bekommen,

[77]

10
Jüngsthin dem Äskulap[1] den goldnen Bart,

Dem Zevs[2] den schweren Mantel abgenommen,
Und alles für den Lohn der Leibtrabanten spart,
Will auf die Dichtkunst nicht ein Drachma wenden;
Nimmt aber — (selbst ein Dichterlein)

15
Das Blatt aus des Poeten Händen,

Liest unverdientes Lob, und ruft: Wer kann so fein,
So rührend, so erhaben singen?
Das Würdigste muß man der Gottheit bringen,
Zum Opfer ihr des besten Sängers Zunge weihn.

[78]

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Er winkt: das Urtheil wird vollzogen.

Die Zunge, die sein Lob so schön gelogen,
Wird abgeschnitten, dem Tyrannen überbracht,
Der sie dem Feuer schenkt und lacht.

Ihr Fürsten unsrer Zeit, verabscheut solch ein Lachen!

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So menschenfeindlich scherzet nie!

Ein leichter Mittel giebt’s die Schmeichler stumm zu machen:
Gebt ihnen nichts, so schweigen sie.

  1. Dem Äskulap nahm Dionysius den goldnen Bart mit dem Vorgeben, es zieme sich nicht, daß der Sohn einen Bart habe, da sein Vater Apollo unbärtig sey.
  2. Dem Jupiter nahm Dionysius den goldnen Mantel, indem er sagte, im Winter sey er ihm zu kalt, und im Sommer zμ schwer.