Die wunderbare Rede
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Die wunderbare Rede.
Auf der Appierstraße zieht ein Heer
Schnellen Schrittes, weit umwölkt von Staub.
Weiß am Horizont das Häusermeer –
„Rom ist morgen euer!“ zeigt Sever.
Morgen? Rom sorgt sich um morgen nicht.
„Die Gladiatoren spielen heut!“
Weiber schmücken sich. Orestes ficht!
Manch unheimlich brennend Augenlicht
Sänften hasten zum Theater schon,
Von Gewitterwolken überjagt,
Schwüle Blicke, die wie Fackeln lohn,
Finst’rer Brauen ungeduldig Drohn –
Ueber Dach und Zinne ragt empor
Himmelhoch ein riesenstarker Bau,
Der ein Volk empfängt durch manches Thor.
Hinter seinem Mauerkranz hervor
[214] Drinnen drängen sie sich Sitz an Sitz,
Jede Stufe strotzt und wogt und schwillt.
Auf der Bühne züngeln hell und spitz
Kurze Schwerter. Schimmernd flirrt ein Blitz
Starren Blickes, blaß vor Leidenschaft,
Lauert vorgeneigt die Römerin
Auf die Sterbewunde – Eine gafft
Lüstern. Eine sinnt dämonenhaft.
An der rasch gedrehten Klingen Spiel
Haften Seelen gierig, ohne Zahl –
Traf der Stoß? Er saß. Ein Fechter fiel,
Wälzt sich um im Sand und ist am Ziel
Mark und Herz erschütternd gellt ein Schrei!
Dort auf dem Balkon ein Weib im Traum!
Um die Schultern wehn die Haare frei
Und als ob sie die Sibylle sei,
„Wehe morgen! Fechter, du bist tot!
Gute Fahrt! Dir thun sie nichts zu leid!
Morgen wehe! Horch! Die Tuba droht!
Eine weite Flamme weht und loht!
[215] In das Morgen blickt sie voller Graun,
Schaudernd wie vor Blutes tiefem Strom,
Denn ihr Auge kann das Künft’ge schaun –
Es ist keine von den ird’schen Fraun!
Vor dem Volk auf hoher Stufe ragt
Rom die Herrin in versteintem Schmerz,
Rom, vor welcher einst die Welt gezagt,
Jetzt die wunde, die geschlagne Magd!
Durch die Menge geht ein Flüstern leis,
Eine Rede schwirrt und irrt und rauscht,
Flutet höher, höher stufenweis,
Braust wie Meeresbrandung, füllt den Kreis,
„Schande! Brandmal! Striemen! Sklavenjoch!
Wehe! Sie zerreißen Dir das Kleid!
Ach wie lange noch, wie lange noch?
Stürbest, Göttin Roma, stürbst du doch!