Die schlauen Mädchen
Zwey Mädchen brachten ihre Tage
Bey einer alten Base zu.
Die Alte hielt zu ihrer Muhmen Plage
Sehr wenig von der Morgenruh.
So rief sie schon: Steht auf, ihr Mädchen, es ist spät,
Der Hahn hat schon zweymal gekräht.
Die Mädchen, die so gern noch mehr geschlafen hätten,
Denn überhaupt sagt man, daß es kein Mädchen giebt,
Die wanden sich in ihren weichen Betten,
Und schwuren dem verdammten Hahn
Den Tod, und thaten ihm, da sie die Zeit ersahn,
Den ärgsten Tod rachsüchtig an.
Erzürnter Schönen ihrer Rache
Kann kein Geschöpf so leicht entfliehn.
Und ihren Zorn sich zuzuziehn,
Ist leider! eine leichte Sache.
Vergebens nur ward von der Alten
Ein scharf Examen angestellt.
Die Mädchen thaten fremd, und schalten
Recht bitterlich um ihren Hahn.
Allein was halfs den schlauen Kindern?
Der Tod des Hahns sollt ihre Plage mindern,
Und er vermehrte sie noch mehr.
Als bis sie ihren Haushahn hörte,
Wußt in der Nacht itzt nicht, um welche Zeit es wär;
Allein weil es ihr Alter mit sich brachte,
Daß sie um Mitternacht erwachte:
Die, später aufzustehn, den Haushahn umgebracht.
----
Wärst du so klug, die kleinen Plagen
Des Lebens willig auszustehn:
So würdest du dich nicht so oft genöthigt sehn,