Die neue Statue der Berolina
[132] Die neue Statue der „Berolina“. (Zu dem Bilde S. 125.) Im Jahre 1889 suchte König Humbert seinen kaiserlichen Verbündeten in der Reichshauptstadt auf, der Fürst des italienischen Südens den jungen Herrscher an der nordischen Spree, und groß war allenthalben die Begeisterung, die ihn grüßte. Die Stadt wurde u. a. auch durch gewaltige gipserne Bildwerke geschmückt; eins davon, Hundriesers „Berolina“, die dem Monarchen Blumen streut, gefiel in seiner glücklichen Improvisation so sehr, daß man nach verrauschter Festwoche beschloß, es dauernd der Stadt zu erhalten. Fast sieben Jahre sind seitdem vergangen – aber nun steht auch die stolze Schönheit in Metall getrieben, nun winkt sie nicht mehr allein Königen ein Willkommen zu, sondern allen, die mit der Bahn in das sausende Geschwirr der Weltstadt einfahren, hier ihr Glück zu versuchen. Sie hat ihren Platz auf dem Alexanderplatze erhalten, da wo die Altstadt, das „Centrum“ beginnt.
Das günstige Urteil, das die Berolina bei ihrem ersten Debut zu verzeichnen hatte, wird auch heute fast uneingeschränkt aufrechterhalten bleiben dürfen. Auf eckigem Porphyrsockel, der machtvoll aus dem Gewühl des Alltags aufstrebt, erhebt sich die gewaltige und doch wahrhaft anmutige Gestalt. Die eichenlaubumkränzte Mauerkrone schmückt ein stolzes Haupt, dessen vornehmes Profil Schönheit und Klugheit zu gleicher Zeit verrät. Ein Schuppenpanzer umschmiegt den Leib, über ihn hin flutet der um die Schulter gezogene prächtige Mantel; ungemein glücklich, ohne alle Theaterpose ist die lebhafte Geste der grüßenden Hand, und die Bewegung der Rechten, die sich auf den mit dem Berliner Bären verzierten, hohen Schild stützt, verdient nicht minder reiches Lob. Das Kunstwerk in seiner Gesamtheit muß jedenfalls zu den gelungensten gezählt werden, die sich Berlin in den letzten Jahren aufbaute; trotz der kolossalen Maße – die Gestalt ist 61/2, das Postament 71/2 m hoch – und bei aller Schlichtheit ist es von gewinnender Grazie. Neben dem schaffenden Künstler verdient Meister Peters, der die Berolina in Kupfer getrieben hat, Dank und Anerkennung.