Zum Inhalt springen

Die letzte Bärenjagd in Deutschland

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Michael Sachs
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die letzte Bärenjagd in Deutschland
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 43, S. 724
Herausgeber: Ernst Ziel
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite

[724] Die letzte Bärenjagd in Deutschland. Wohl jeder Fremde, der in dem am Fuße des Wettersteins und der Zugspitze gelegenen Partenkirchen Station macht, unternimmt als ersten Ausflug den Aufstieg nach Forsthaus „Vordergraseck“.

Vor Jahren residirte dort der königliche Forstwart Kiendl, welcher volle 32 Jahre im activen Dienste dieses über 30,000 Tagwerke umfassende, zum größten Theil aus Felswildniß bestehende Jagdrevier beging und auch der erste Besteiger der seither für unersteiglich gehaltenen Dreithorspitz (vergl. unseren Artikel „Auf dem höchsten Gipfel des deutschen Reiches“ in Nr. 40) gewesen.

Ihm verdankt die Naturwissenschaft manch interessantes Fundstück, da er bei seinen vielen Besteigungen der Zugspitze stets eifrigster Botaniker war, und entnehme ich auch seinem Tagebuche nachfolgende Schilderung der denkwürdigen Pürsch auf den letzten Bären, welcher in Deutschland im wilden Zustande gejagt wurde.

„Am 28. August 1864 meldete Morgens vier Uhr ein Bauer von Vordergraseck: all sein Vieh sei heute Nacht in voller Flucht von der Alm nach Hause gerannt, und ein Kalb sei am Nacken arg zerbissen und zerkratzt gewesen. Ein erster Pürschgang ließ uns zwar die Spuren des Bären finden, mußte jedoch wegen Mangels an Schützen erfolglos bleiben. Nachdem eine weitere Kuh und ein Kalb zerrissen aufgefunden, gelang es endlich mir sowie dem Forstgehülfen Kopp, jetzt Oberförster in Mittenwald, und den Gehülfen Dillis und Richtstein dem Bären beizukommen.

Von der Brünsthütte im Thaleggerwald gingen wir der Stelle zu, wo ich vorher des Bären Spur gefunden. Auf einmal bemerkte ich, daß mein Hund zurückgeblieben, was er sonst niemals gethan. Ich sah, wie er eine Anhöhe hinauf windete. Wir gingen ihm nach und fanden ein vom Bären zerrissenes Stück Vieh, von dem bereeits ein Theil gefressen worden war. Die Gedärme hingen an den Aesten der Tannen; mir scheint, der Bär hat sich gefreut über sein Jagdglück und seinen guten Fraß. Wir beschlossen nun an dieser Stelle anzusitzen, in der Meinung, der Bär werde noch einmal seinen Hunger stillen wollen. Es war Abends fünf Uhr, als wir alle angesessen waren, die Einen vorwärts, die Anderen rückwärts sehend. Mich traf der vorletzte Posten rückwärts.

Wir mochten ungefähr eine halbe Stunde gesessen sein, als ich hinter einem Gebüsch auf sechszig Schritte den Bären sah, wie er vorsichtig zu der Stelle äugte, wo das Stück Vieh lag. Ich machte mich schußfertig. Während dieser Zeit hatte mein Nachbar Dillis bemerkt, daß ich in Feuerbereitschaft war; anfangs glaubend, ich mache Spaß, erblickte er, sich umsehend, auch den Bären. Dieser that noch einen Schritt vorwärts, sodaß ich eben nur den Kopf sehen konnte, wie er mich scharf mit seinen schwarzen Lichtern anschaute. Ich dachte mir: der Kerl brennt durch; ich schieß’ ihn auf den Kopf. – Gedacht – gethan! O weh! es hat versagt. Der Bär schlug um. Mein Nachbar Dillis wird auch schußfertig, schießt im Umschlagen und schießt ihn an. – Dem Schweiße nach war er waidwund geschossen, und da es bereits Nacht wurde, beschlossen wir, ihn anderen Tages weiter zu verfolgen. Einige zwanzig Schützen, nahmen wir am anderen Morgen die Fährte wieder auf und verfolgten eine starke Schweißspur bis zum Bette des felsigen Ferchenbachs; hier hörte alle Spur auf: er mußte im Bachbett aufwärts gewandert sein in’s Geschröff. Acht Tage lang suchten wir vergebens; der Bär muß in einer der zahlreichen Höhlen des Wettersteins verendet sein; man hat hier nie, ebenso wenig im benachbarten Tirol, wieder etwas vom Bären gehört. Dies meine Erinnerung."
Partenkirchen. Michael Sachs.