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[14] Die guten Störche.
Es ist eine alte Sache,
Daß der Storch die Kinder bringt.
Lange sucht er oft im Bache,
Bis ihm solch ein Fund gelingt.
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Durch die Lüfte in dem Schnabel
Trägt er weit die Kleinen dann;
Darum schrei’n so miserabel
Kleine Kinder dann und wann.
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Hans und Gretel an dem Bache
Eines schönen Tages steh’n;
Auf dem Birnbaum mit Entzücken
Sie die reifen Früchte seh’n.
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Hansel möcht’ die Birne haschen,
Gretel warnet vor Gefahr.
Drüben hebet seine Flügel
Just zum Flug ein Storchenpaar.
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Wie die Birne zu erreichen,
Überlegen nun die zwei.
Und die beiden Störche streichen
An dem Kinderpaar vorbei.
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Jetzt auf Gretels Schulter stellet
Sich der Hans, und es gelingt,
Daß die erste reife Birne
Er in seine Hände bringt.
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Hätt’ er sich damit begnüget;
Doch die zweite reizt ihn sehr.
Wie er sich nach dieser strecket,
Wird er Greteln fast zu schwer.
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Durch das weite Vorwärtsneigen
Wird zu mächtig das Gewicht;
Weit nach vorne neigen beide
Kinder schon ihr Angesicht.
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Plumps! Da liegen sie im Wasser
Hilferufend alle zwei,
Doch die beiden guten Störche
Kommen pfeilgeschwind herbei.
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Und die Störche tauchen schnelle
Ihren Schnabel bis zum Grund,
Suchen nach den beiden Kindern
Und erhaschen bald den Fund.
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Eins, zwei drei – es war ein Spaß –
Da sind beide, pudelnaß.
Hurtig geht es durch die Lüfte
Zu dem Elternhause hin,
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Und dort werfen sie die Kinder,
Wie gewohnt, in den Kamin.
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Froh des guten Werk’s und heiter
Fliegen Storch und Störchin weiter.
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Hans und Grete, die berußten,
Schwarz geworden wie ein Mohr,
Mußten lange noch sich waschen,
Bis sie sauber, wie zuvor.
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