Zum Inhalt springen

Die drei Blinden

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Gottfried Herder
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die drei Blinden
Untertitel:
aus: Zerstreute Blätter (Sechste Sammlung) S. 349-351
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1797
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Gotha
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
[349]

 Die drei Blinden.

     Drei Blinde traten einst vor einen Heiligen,
Und flehten ihn um ihr verlohrnes Licht
Der Augen an. „Erzählet mir zuerst,
Wie ihrs verlohret!“ sprach der Heilige.

5
     „Ich, (beichtete der Erste,) nahm mir vor,

Ins Sonnenlicht zu schaun, bis seinen Glanz
Mein Aug’ ertrüge; davon ward ich blind.“

     „Ich, sprach der Andre, machte den Versuch
An meinen Augen, ob aus ihnen nicht

10
Vielleicht das Licht entspräng’? und drückte sie

Und preßte sie so lange, bis ich erst
Sehr schöne Farben, und dann nichts mehr sah.“


[350]

     „Ich, sprach der Dritte, war (verzeihe mir!)
Ein Todtenräuber. Einst in Mitternacht

15
Stieg in die Gruft ich mitten vorm Altar

Und plündert’ einen reichen Todten. Da
Erwacht’ er, richtete sich auf, und drückte
Mit beiden Händen mir die Augen ein.“

     „Hinweg, du Bösewicht, antwortet’ ihm

20
Der Bischof. Wem die kalte heilge Hand

Der Todten rächend seine Augen nahm;
Dem giebt die Ewigkeit sie nicht zurück.

     Euch, beide Thoren, hat die Eitelkeit
Genug gestraft. Genes’t und werdet klug.“

25
     Und wandte sich zu seinen Lehrlingen:

„Der Sonnenschauer, wie der thörichte
Empyriker belehren euch; doch dieser –

[351]

(Er wies auf den verworfnen Kritiker)
Ist schrecklich. Seinem eignen Vater grüb’

30
Er in der heilgen Gruft die Augen aus,

Drum sind ihm bei Lebzeiten von der Hand,
Der kalten Hand der Todten (schaut ihn an!)
Die Augen tief und ewig eingedrückt.“