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Franz der Erste. 1745–1765.
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Joseph der Zweite. 1765–1790.
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Nach Karls des Siebten schnellem Tod
Die Fürstenschaft die Kaiserkrone
Herrn Franz nun von Toscana bot,
Berufend ihn zum Herrscherthrone.
5 Als Maria Theresias Gatte
Er schon die Mitregentschaft hatte
Im ganzen österreich'schen Land,
Doch überließ er die Regierung,
Die kräftig stramme Zügelführung
10 Stets seiner großen Gattin Hand.
Deshalb man von ihm sagen kann:
Er war die Frau und sie der Mann. –
Zu Innsbruck bei dem Hochzeitsfeste
Des spätern Kaisers Leopold,
15 Als er zur Tafel gehen wollt’,
Starb plötzlich er im Kreis der Gäste.
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Wie ein Gestirn zu hellem Lauf
Am Himmerl leuchtend gehet auf:
So Joseph, Kaiser Franzens Sohn,
Der nun bestieg den Kaiserthron,
5 Zum Wohl von seinen Unterthanen
Trug er sich mit gewalt’gen Planen
Und sucht’ sein Oestreich durch Reformen
Im Innern gänzlich umzuformen.
Er gibt das „Toleranzedikt“,
10 Verbietet die Leibeigenschaft,
Begünstigt Kunst und Wissenschaft
Und hat sein Volk wahrhaft beglückt.
Dennoch ihn dieses nicht verstand,
Ja vielfach Widerstand er fand:
15 Darüber brach im herben Schmerz
Sein großes, edles Fürstenherz.
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