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Die alte Postsäule in Pulsnitz

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Friedrich Bernhard Störzner
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Titel: Die alte Postsäule in Pulsnitz
Untertitel:
aus: Was die Heimat erzählt. Sagen, geschichtliche Bilder und denkwürdige Begebenheiten aus Sachsen, S. 470–473
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1904
Verlag: Arwed Strauch
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Digitalisat der SLUB Dresden bei Wikimedia Commons
Kurzbeschreibung:
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[470]
199. Die alte Postsäule in Pulsnitz.

Ein sehenswertes Denkmal aus alter Zeit birgt die Stadt Pulsnitz. Dasselbe steht am Wettin-Platze zwischen dem Schützenhause und dem Kgl. Amtsgerichte. Es ist eine Postsäule aus den Tagen August des Starken. Sie bildet einen aus Sandstein gefertigten Obelisk, eine vierseitige Säule, die auf einem vierseitigen Postamente ruht.

Die alte Postsäule in Pulsnitz.

Die Säule ist gegen 5 m hoch und noch gut erhalten. Sie enthält außer einem Verzeichnis von Ortsnamen mit Angabe der Entfernungen das Bild eines Posthorns, die Jahreszahl 1731 und zwei sächsisch-polnische Wappen, über denen je eine Krone angebracht ist. Die Westseite der Postsäule enthält verschiedene Inschriften. Auf der Westseite:

Von Pulsnitz nach
Bischofswerda 3 St.
Budißin 7 St.
Görlitz 15 St.
Breslau 45 St.
Loebau 10 St.
Zittau 14 St.
Prag 28 St.
[471]
Neustadt[WS 1] 5 St.
Schluckenau 8 St.
Zittau 14 St.
     1731     

Auf der Südseite:

Ein Wappenbild mit daraufbefindlicher Krone.
Von Pulßnitz nach
Stolpen 3 St.
Schandau 8 St.
Königstein 7 St.

Radeberg 2 St.
Pirna 6 St.
Zehista 7 St.
Peterswalde 11 St.
Außig 15 St.
Prag 28 St.

Teplitz 17 St.
Dreßden 5 St.
Dippoldiswalde 10 St.
Freyberg 14 St.
Annaberg 25 St.
Carlsbad 36 St.

Chemnitz 22 St.
Zwickau 29 St.
Reichenbach 33 St.
     1731     

Auf der Ostseite: Wappenbild mit Krone.

Von Pulßnitz nach
Meißen 9 St.
Lommatsch 12 St.
Radeberg 5 St.

Gr. Hayn 9 St.
Strehla 14 St.
Wurtzen 22 St.
Leiptzig 22 St.
Halle 36 St.

Mühlberg 15 St.

Loßdorff 16 St.
Torgau 21 St.
Pretsch 36 St.
Wittenberg 51 St.

[472]
Ortrand 7 St.
Elsterwerda 12 St.
     1731     

Auf der Nordseite:

Von Pulßnitz nach
Königsbrück 3 St.
Ruhland 8 St.
Mückenberg 11 St.

Camentz 2 St.
Senftenberg 8 St.
Calau 14 St.
Lübben 18 St.
Berlin 33 St.

Hoyerswerda 7 St.
Spremberg 11 St.
Cottbus 17 St.
Lieberosa 23 St.
Franckfurth 28 St.

Forst 18 St.
Guben 24 St.

Muschkau 16 St.
Sorau 24 St.

Triebel 18 St.
Sagan 23 St.
Elstra 2 St.
Budißin 7 St.
     1731     

Die Stadt Pulsnitz[WS 2] läßt sich die Erhaltung jener alten Postsäule angelegen sein als eine Erinnerung aus alter Zeit, aus jenen Tagen, da noch die gelbe Postkutsche im Zeichen des Weltverkehrs stand. Die Säule wurde erst kürzlich renovieret. Die Schrift erneuerte man, da selbige infolge des Witterungseinflusses fast unleserlich geworden war.

Die Postsäulen, wie wir sie hie und da in unserem Vaterlande noch heute finden, erinnern uns daran, daß die Ausbildung der Verkehrswege und Verkehrsmittel von altersher ein Gegenstand besonderer Fürsorge der sächsischen Regierung gewesen ist. Ein sächsischer Fürst aus der früheren Zeit, der den Verkehrsverhältnissen des Landes eine ganz besondere Aufmerksamkeit schenkte, war Kurfürst August der Starke. Er war es, der den Gemeinden in wohlmeinender Absicht befahl, auch die Straßen mit Bäumen einzufassen. Die wichtigste und vielleicht auch schwierigste Neuerung aber war die Aufstellung von Wegweisern. Bis zu Ende des 17. Jahrhunderts gab es deren in unserem Lande noch keinen. Ihre Stelle vertraten damals die Grenzsteine auf den Flurgrenzen, insbesondere die sogenannten „Gleits-Steine“ und „Gleits-Säulen“, welche angaben, wie weit die Herrschaftsgebiete der Städte und Rittergüter reichten. August der Starke ließ [473] 1695 zuerst zwischen Leipzig und Dresden und dann nach und nach im ganzen Lande die ersten Wegweiser aufstellen; das waren viereckige Säulen aus Eichenholz, gelb und schwarz bestrichen, in den damaligen Landesfarben. Das Holz sollte aus den kurfürstlichen Wäldern frei entnommen werden, die übrigen Unkosten mußten die Gemeinden tragen und zwar als Gegenleistung für die ihnen dadurch geschaffene Erleichterung „in Ansehung dieselben dadurch des öfteren Wegweisens, der Miliz und Botenabschickung entnommen werden.“ – Freilich die Durchführung dieser nützlichen und doch so einfachen Einrichtung hatte mit gar großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die meisten Gemeinden zeigten sich höchst widerspenstig, die Beamten äußerst nachlässig. – Im Jahre 1722 wurden die Holzsäulen durch Steinsäulen ersetzt. Der Kurfürst ordnete an, nunmehr steinerne Meilensäulen aufzustellen. Es wurden große und kleine errichtet. Die großen Meilensäulen stellte man draußen vor den Toren der Städte auf. Sie hatten die Form von Obelisken und waren verzieret mit dem sächsischen-polnischen Wappen. Sie gaben die Namen aller Poststationen bis zur Landesgrenze oder auch bis zu den Hauptstädten an und enthielten die Angabe der Entfernungen, in Meilen und Stunden ausgedrückt. Außer den großen Meilensäulen gab es nun noch Halbe- und Viertelmeilensäulen. Der Vorzug dieser steinernen Meilensäulen war ein doppelter, sie waren dauerhafter und gaben die Entfernung recht genau an. Der damalige kurfürstliche Geograph, Land- und Grenz-Commissarius Adam Friedrich Zürner, hat das Verdienst, eine genaue Ausmessung erst ermöglicht und auch selbst durchgeführt zu haben. Nach vieljährigen Versuchen erfand er den nach ihm benannten „geometrischen Wagen“, dessen genaue Beschreibung und Abbildung noch aufbewahrt sind. (Schramm i. Saxonia monumentis viarum illust. 1727!) – Auch die Errichtung der neuen und wesentlich verbesserten Meilensäulen waren mit den unglaublichsten Schwierigkeiten verknüpft. In nicht weniger als 11 „Rescripten“ mußte der Kurfürst drei Jahre hindurch das Errichten dieser Säulen immer und immer wieder anbefehlen. Wiederholt wird die Saumseligkeit der Beamten gerügt, manche hatten die kurfürstlichen Befehle nicht einmal den Gemeinden bekannt gegeben. In einzelnen Gegenden war noch nicht eine einzige Säule aufgestellt worden. Hie und da wurden die errichteten Säulen von flegelhaften Menschen umgeworfen, zerschlagen, oder auch mit Kot verunreinigt, mit „Kugeln und Schrot wurde nach ihnen geschossen.“ Doch der energische Kurfürst ließ sich durch derartige Erfahrungen nicht davon abhalten, das Gewollte trotz aller Hindernisse durchzusetzen. Es wurde befohlen, die Arbeiten zu beschleunigen, und die Säumigen und Widerspenstigen hatten Strafe zu erwarten. Nach einigen Jahren waren in allen Gegenden des Kurfürstentums Sachsen Meilensäulen aufgestellt. Ihren Wert lernten die Bewohner immer mehr erkennen und schätzen. Man feierte die Errichtung der Meilensäulen sogar durch Prägung von Münzen, und es sind derartige Münzen in Münzsammlungen noch zu finden.

Die alten Meilensäulen unseres Vaterlandes bedeuten ein Stück Kulturgeschichte desselben. Darum sollte man da, wo solche Postsäulen aus der Väter Tagen noch vorhanden sind, um die Erhaltung derselben besorgt und bemüht sein; denn sie erinnern uns an einen bedeutenden Fortschritt der Verkehrsverhältnisse unseres Vaterlandes vor 200 Jahren. –

Schramm i. Saxonia monumentis viarum illust. 1727!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Nestadt
  2. Vorlage: Pulnitz