Die Zähmung der afrikanischen Elefanten
[467] Die Zähmung der afrikanischen Elefanten wird neuerdings im Interesse unseres Kolonialbesitzes von sachverständiger Seite empfohlen. Die afrikanischen Elefanten genießen nicht den gleich günstigen Ruf wie die indischen. Wohl hat es eine Zeit gegeben, da dieselben sogar in die Geschicke der Weltgeschichte eingriffen. Es war im Altertum, da sie auf den Kriegsschauplätzen Afrikas, Asiens und Südeuropas an den Kämpfen um die Weltherrschaft teilnahmen, und namentlich die Karthager verstanden die Kunst, Elefanten ihrer Heimat zu Kriegsdiensten abzurichten. In einigen Schlachten mußten sie ihre Kräfte mit denen ihrer indischen Brüder messen und da hatten sie zumeist den kürzeren gezogen. Seit jenen Niederlagen war ihr Ansehen in der Welt gesunken.
Es ist heute schwierig zu entscheiden, ob jenes Urteil begründet war, ließen sich doch diese afrikanischen Dickhäuter während der Kaiserzeit zu Rom zu allerlei Kunststücken abrichten, so daß sie an einer reichbesetzten Tafel von Gold- und Silbergeschirr mit feinem Anstand „aßen“, nach dem Takte tanzten und mit dem Griffel Buchstaben zeichneten. Die bösen Menschen gaben sich später keine Mühe, diese Talente weiter zu entwickeln. Der indische Elefant wurde fortdauernd nicht nur zum Kriegsdienst, sondern auch zu den Werken friedlicher Kulturarbeit herangezogen; er wurde zwar seiner Freiheit beraubt, aber gezähmt und zum nützlichen Tiere gemacht, das Wälder ausroden hilft, Wege mitbaut, Lasten trägt und den Menschen in der Jagd auf wilde Tiere unterstützt. Den afrikanischen Elefanten ließ man dagegen in der Wildnis herumlaufen und nur eins schätzte man an ihm, seine Zähne. Wegen dieser Zähne wurde er gejagt und wird blutig verfolgt bis in die jüngste Zeit. Afrika führt jährlich Elfenbein im Werte von 15 bis 20 Millionen Mark aus; diese Jagdbeute kostet aber nach sorgfältiger Schätzung etwa 50 000 bis 60 000 Elefanten das Leben. Bedenken wir, wie langsam diese großen Tiere sich vermehren, so können wir uns leicht denken, daß die Elefantenjagd in Afrika gleichbedeutend ist mit der Ausrottung des gewaltigen Dickhäuters. Die Jahre des afrikanischen Elefanten scheinen gezählt, um so mehr, als dank der Vervollkommnung und der Verbreitung besserer Feuerwaffen auch unter den Wilden Afrikas die Jagd bedeutend leichter geworden ist. Schutz dem Elefanten! hört man darum seit einiger Zeit in unseren kolonialfreundlichen Kreisen rufen. Es sollen Maßregeln getroffen werden, die dem sinnlosen Hinschlachten der Tiere Einhalt gebieten würden, und diese Forderung wird begründet nicht etwa durch bloße Schwärmerei für die Elefanten, durch den Wunsch, eine seltene Tierart zu erhalten, sondern durch die Thatsache, daß augenblicklich und für lange Jahre hinaus der Elefant sozusagen das einzige Geschöpf ist, das die Hinterländer unserer Kolonien gewissermaßen wertvoll macht; denn vom Tanganjika oder Viktoria-Njansa läßt sich keine andere Ware mit Vorteil zur Küste bringen als nur das Elfenbein!
Gewiß würden vernünftige Jagdgesetze das Bestehen der Elefanten im Dunklen Weltteil sichern können, wenn es möglich wäre, dieselben mit Nachdruck durchzuführen. Das ist aber in Anbetracht der geringen Macht, über die wir gerade in den Hinterländern verfügen, leichter gesagt als gethan.
Da ist in jüngster Zeit ein neuer Plan aufgetaucht, der geeignet
erscheint, die schwierige Frage in weit vollkommnerer Weise zu lösen.
Eine Anzahl von Kolanialfreunden, darunter erfahrene Afrikaforscher und
Direktoren unserer zoologischen Gärten, haben sich zusammengethan, um
den Versuch zur Zähmung des afrikanischen Elefanten zu machen. Man
[468] will dabei das indische Verfahren im Fang und Zähmen nachahmen und hat zum Schauplatz dieser Thätigkeit das deutsche Schutzgebiet Kamerun
erwählt, da dort die Elefanten noch zahlreich selbst an der Küste anzutreffen
sind. Indische Elefanten sollen herangezogen werden, um den
afrikanischen Wildlingen den Uebergang zum Kulturleben zu erleichtern.
Das Unternehmen wird natürlich nicht unbedeutende Kosten verursachen,
aber es ist auch besonderer Unterstützung von seiten der Freunde unserer
kolonialen Bestrebungen würdig; denn der gezähmte afrikanische Elefant
würde in Afrika noch mehr nützen als sein Vetter in Indien, er würde
in den aller Last- und Zugtiere baren Gebieten zu einem gewaltigen Bahnbrecher
der Kultur werden. *