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Die Weihnacht des alten Junggesellen

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Textdaten
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Titel: Die Weihnacht des alten Junggesellen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 51, S. 849, 852
Herausgeber: Ernst Ziel
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1882
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[849]

Die Weihnacht des alten Junggesellen.
Originalzeichnung von R. Grützner.

[852] Die Weihnacht des alten Junggesellen. (Abbildung Seite 849.) So weit kann es kommen, daß Hund und Katze an Kindesstatt angenommen werden, wenn ein Einsamer unter den Menschen keinen Freund mehr findet. Das Bild, das uns diesen Ausspruch abnöthigt, wurde nicht zum Scherze aufgestellt; es kann mit recht ernsten Augen betrachtet werden. Unwillkürlich legen wir uns die Frage vor: Ist es nicht eine Gedankenlosigkeit, in jedem „alten Junggesellen“, in jeder „alten Jungfer“ eine lächerliche Erscheinung zu sehen? Ja, ist es nicht geradezu herzlos, Menschen, die vom ersehnten Erdenglücke ausgeschlossen sind, ohne Prüfung, ob sie’s verschuldet oder nicht verschuldet, durch das ganze Leben mit dem Allerschwersten, mit Verhöhnung im Unglück, zu verfolgen? Wer selbst noch kein Trennungsweh erfahren, oder wer sich sicher in seinem Kreise fühlt, vergißt zu leicht, daß das Lebensglück schon so oft den beiden unerbittlichsten Feinden zum Opfer fiel: der Untreue und dem Tode unserer Lieben. Und Menschen, die, wie unser Junggeselle, durch so bitteres Weh in liebeleere Ehelosigkeit getrieben worden sind, verfolgt man mit dem Niederdrückendsten und Verbitterndsten: mit dem Fluche der Lächerlichkeit. Kein Wunder, wenn ein so Verfolgter endlich das Thier, das seine Wohlthat mit Treue und Anhänglichkeit lohnt, den Menschen vorzieht.

Aber der Christbaum, brennt er auf unserem Bilde nur für Hund und Katze? Sicherlich nicht! Solche Einsame schmücken sich ernste Stunden oft gar sinnig aus. Wir kannten einen solchen Alten – der feierte, seit den Tagen seiner Abgeschlossenheit, die Weihnacht still für sich getreu fort, wie einst in seinem Elternhause. Am Baume brannten so viel Lichter, wie er todte Lieben beweint hatte. Wenn er nun so allein vor dem leuchtenden Bäumlein saß, stiegen die Bilder seiner theuern Todten alle vor ihm auf; alle standen sie wieder um den Tisch, und alles Weh zwischen einst und jetzt war verschwunden vor den Freudenstrahlen all der lieben Augen. Wie aber dann ein Lichtlein um das andere erlosch, so versank ihm eine Gestalt um die andere, und war das letzte Licht verglommen, dann umgab ihn wieder die alte Einsamkeit, und die Weihnacht des alten Junggesellen hatte ein Ende.