Die Todten wollen Ruhe
Es mag wohl über hundert Iahre her seyn, da hat sich im Pfarrhause zu Eisingen gar Mancherlei zugetragen. Dasselbe steht nahe dem Kirchhof, der so hoch liegt, daß der untere Stock des Pfarrgebäudes nur ein dunkler Stall ist. Man hörte oft Nachts vom Kirchhof herüber einen Geist mit so schweren Schritten einherwandeln, daß die Balken im Hause knarrten und ächzten. Er schleppte sich schweigend von Zimmer zu Zimmer, gehorchte aber dem Pfarrer, der ihn zuweilen in einen Winkel verwies, wo er dann eine Zeitlang ruhig blieb. Ebenso ließ sich auch eine Nonne blicken, die meistens dem dunkeln Stalle zuschwebte und darin verschwand. Zu anderer Zeit sah man eine Schlange mit einem um den Hals gehängten Schlüsselbund und einen wälschen Hahn im Rachen durch das Haus in denselben Stall schleichen. Das Nonnengespenst erschien mehrmals einer Magd des Pfarrers und winkte ihr, mitzugehen, da sie sich aber fürchtete, fragte sie ihren Herrn um Rath, der ihr sagte, sie solle nur still und ohne Bangen das nächstemal der Nonne folgen. Das that sie auch, nahm aber ein Licht mit. Die Nonne führte nun die Magd in den finsteren Stall, wies seufzend in einen Winkel hin und verschwand. Des andern Tages hob man in jener Ecke einen großen Stein aus der Mauerwand und fand in dem Loch einen kupfernen Hafen, worin die Gebeine zweier neugeborner Kinder lagen. Dieselben wurden alsbald an den Ort im Kirchhof begraben, wohin man das alte Weihwasser ausgießt, und seitdem hat die Nonne Ruhe und die Geister gehen nicht mehr im Haus um.