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Die Seeschlange abermals – ein Phantom!

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Die Seeschlange abermals – ein Phantom!
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 384
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1860
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[384] Die Seeschlange abermals – ein Phantom! Die Gartenlaube brachte in ihrer Nr. 17 nach dem in der Hafenstadt Hamilton erscheinenden Wochenblatt „the Bermudian“ die Mittheilung, welche die geehrte Redaction indeß gleich von vornherein mit einigem Zweifel aufzunehmen schien – daß nämlich in der Hungarybay endlich und wirklich die große Seeschlange zum Vorschein gekommen sei. Dieser Zweifel ist nun wohl völlig gerechtfertigt, wie unsere Leser aus nachstehenden Mittheilungen, die wir dem Professor Dr. J. J. Kaup in Darmstadt verdanken, ersehen werden. Der bekannte Naturforscher sagt darüber Folgendes:

„Die im Hamiltoner Wochenblatt gegebene Beschreibung der angeblichen Seeschlange – welche in der That nichts weiter ist, als ein Fisch – ist eine ziemlich genau zutreffende; leider fehlt eine Angabe über die Zahl der Strahlen in der Rücken-, Brust- und Bauchflosse, sowie darüber, daß die Schwanzflosse sehr rudimentär gewesen. Es ist indeß schon hiernach keinem Zweifel unterworfen, daß diese „Seeschlange“ einem schon längst bekannten Genus, – den „Heringskönigen“ – angehört, welche der bekannte Berliner Ichthyolog Elias Bloch Gymnetrus und Brunnich Regalecus genannt hat. In diesem Genus kommen Fische von 6 bis 8 bis 11, ja sogar bis 18 Fuß Länge vor, auch finden sich dieselben in jedem Meere. Da ihre einzelnen Arten höchst zarter Natur sind, so findet man höchst selten Exemplare, die nicht an einem Theile des Körpers verletzt sind; der Fisch lebt wahrscheinlich in der größten Meerestiefe, und nur sterbende Individuen werden zufällig an das Ufer gespült, wo sie, wenn nicht sogleich bemerkt, schnell in Fäulniß übergehen.

Dies ist hauptsächlich der Grund, weshalb die Wissenschaft bisher so äußerst wenig über die „Heringskönige“ zu sagen weiß; sehr wenig Museen (deren Dr. Kaup einen großen Theil aus eigener Anschauung kennt) besitzen junge Individuen, von älteren Thieren hat man nur flüchtig entworfene, meist ungenaue Zeichnungen oder Fragmente des Thieres selbst.“

Die Erzählung des Hamiltoner Wochenblatts erscheint sonach nicht als amerikanischer Humbug, wie uns die Gartenlaube vermuthen läßt, sondern trockene Wahrheit, aus der jedoch deutlich hervorgeht, daß diese neue Seeschlange keine Seeschlange (eine solche wird wohl immerdar ein Phantom bleiben, wie bisher alle Männer der Wissenschaft erklärt), sondern ein langgestreckter Fisch ist, dessen Familie den Thunfischen ähnlich, und der, nach seinen Kiefern zu urtheilen, nur kleine Fische verschlingt.