Die Pforzheimer Bürger
An des Neckarstroms Gestade
Zog gen Wimpfen seine Pfade
Baden-Durlach’s kleines Heer;
Und es schwangen in der Rechten,
Hoch die Krieger ihre Wehr.
Plötzlich dringt es durch die Reihen:
„Tilly naht mit starker Macht!“
Und es ordnet jeder Führer
Eine wetterschwangre Wolke,
Braußt mit seinem wilden Volke
Tilly fürchterlich heran;
Und so weit die Augen schauen,
Feuersäulen seine Bahn;
Markgraf Friedrich ruft im Grimme:
„Seht des Vaterlandes Schmach!
Tapfre, folgt mir, es zu retten,
Und er jagt auf starkem Rosse
In den Hagel der Geschosse,
Den der Feind entgegen schickt.
Löwenmuthig sprengt zum Streite
Hoch sein scharfes Schwert gezückt.
Und wer ist, in weißen Röcken,
Dort die auserwählte Schaar,
Die den beiden tapfern Fürsten
Wo der Nagold sanfte Wellen
Und die Würm den Enzfluß schwellen,
Liegt ein Städtchen wohlgebaut;[2]
Dorther stammen jene Streiter,
Euer Blick verwundert schaut.
Da des Fürsten Ruf erschollen:
„Glauben gilts und Vaterland!“
Legten sie die Weberspule
Wie geprüfte Heldenschaaren
Trotzten sie der Schlacht Gefahren
Jetzt mit frommem teutschen Muth;
Unter ihres Schwertes Streichen
Und der Boden schwamm in Blut.
Schon verläßt des Kaisers Fahnen
Fliehend das Hispan’sche Heer,
Und zerstreuet auf der Fläche
Aehnlich hochempörten Bächen
In der Feinde Linien brechen
Baden-Durlach’s Schaaren ein,
Und die muthentseelten Glieder
Mit der Waffen Wetterschein,
Wie auch Tilly’s Stimme tobet,
„Halt!“ den Fliehenden gebeut,
Seine ungezählten Rotten
Und wie mit des Sturmes Flügel,
Flogen über Berg und Hügel
Ihnen Durlach’s Krieger nach.
Da ertönt in ihrem Rücken,
Tiefbetäubendes Gekrach;
Unvermerket sank im Kampfe
Einer Kugel Feuerball
In den Kreis der Pulverwagen,
Und des Tages Licht verhüllet
Und den reinen Aether füllet,
Athem raubend, Pulvernacht,
Während rund von bangem Stöhnen
Und der Eichen Waldung kracht.
Tausend Tapfre sind zerschmettert,
Wälzen sich in ihrem Blut,
Wer es noch vermag, entfliehet
Von den dampfumwogten Höhen
Sieht man Feindes Fahnen wehen,
Und Verderben Allen droh’n.
In das Schlachtgefilde nieder
Der gewalt’ge Tilly schon,
Rufend mit Commandostimme:
„Jaget nach dem Ketzerheer!
Und wen ihr erreicht, dem stoßet
Also folgt im raschen Fluge
Mordend er dem flücht’gen Zuge,
Bis er Durlach selbst gewahrt;
Wähnend ihn in seinen Händen,
Auf entsetzensvolle Art.
Aber unvermuthet stürzet
Wohlgeordnet Mann zu Mann,
Durlachs treuer weißer Haufen
Tilly staunet. „Kommt zum Heere
Ferdinando’s!“ – ruft er – „Ehre
Schmückt euch hier im höchsten Grad,
Wenn zu eurem Ketzerfürsten,
Ihr geöffnet uns den Pfad!“ –
Doch vergebens! All’ erwiedern:
„Eher Tod durch Feindeshand,
Als Verrath dem theuern Fürsten
Tilly drauf: „Ihr wollt Verderben?
Nun, so sollt ihr Alle sterben,
Eh’ gelingt des Fürsten Flucht!“
Und mit seinem ganzen Heere,
Das den Fels zu stürzen sucht,
Stürmt er auf den kühnen Haufen,
Welcher unerschüttert steht,
Ob auch mancher seiner Helden
Tief im Innersten beweget
Ruft von Neuem Tilly: „Leget
Eure Waffen vor mich hin!“
Aber Deimling: „Magst sie holen!“
Alle Bürger gleichen Sinn,
Und erfechtend ihres Fürsten
Rettung mit der Väter Muth,
Fallen Mann für Mann, sie Alle,
Die Heldenthat der vierhundert Pforzheimer ist auch in einem größeren Gedichte gefeiert, betitelt: „Die Schlacht bei Wimpfen,“ ein vaterländisches Heldenlied von Karl Fernand, evangelisch-protest. Pfarrer in Egringen. (Karlsruhe, 1838. Verlag des artist. Instituts.) Einen Auszug daraus theilt Baader in seinen „Sagen der Pfalz, der Bergstraße und des Odenwaldes“ mit. (S. 194–220.)
Eine andere poetische Bearbeitung desselben Stoffes von Anton Dietrich findet sich im Stuttg. Morgenblatt Nr. 123. Mai 1822.