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Die Pflege der Verwundeten

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Textdaten
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Titel: Die Pflege der Verwundeten
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aus: Die Gartenlaube, Heft 33, S. 520
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1866
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Blätter und Blüthen
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[520] Die Pflege der Verwundeten. Von der großartigen Organisation, der kolossalen Ausdehnung des Sanitätswesens im letzten amerikanischen Kriege kann man sich in der Entfernung erst eine deutliche Vorstellung machen, wenn man das soeben (bei Gustav Weise in Stuttgart) über diesen Gegenstand erschienene in jeder Beziehung ausgezeichnete Werk eines hochgestellten russischen Arztes, des Generalinspectors des Sanitätswesens der russischen Marine Dr. H. v. Haurowitz gelesen hat, der vom Kaiser im Jahre 1865 nach Amerika gesandt wurde, um dort sechs Monate hindurch die betreffenden Einrichtungen und Anstalten einem gründlichen Studium zu unterwerfen. Nöthigen uns die überreiche Fülle und treffliche Zweckmäßigkeit derselben schon ein Gefühl der Verwunderung ab, so steigt unser Erstaunen, wenn wir hören, daß von allen diesen so imponirenden Schöpfungen der Humanität und des wissenschaftlichen und technischen Erfindungsgeistes vor dem Kriege so viel wie gar nichts vorhanden war, daß sie also erst mitten in den gewaltigen Stürmen und Erschütterungen eines Staates geschaffen wurden, dessen Volk sich selber seine Schritte dictirt und die mit denselben verbundenen Opfer auferlegt. Während die reguläre Armee der Union vor dem Ausbruche des Krieges kein einziges großes Militärhospital besaß, sind in einem amtlichen Berichte vom Jahre 1864, die große Menge der Feldlazarethe, Kranken-Depots und Ambulanz-Stationen abgerechnet, allein 207 solcher Hospitäler mit 125,533 Betten aufgeführt, von denen 91,525 belegt und 34,008 vacant waren. Dr. v. Haurowitz hat verschiedene dieser bewunderungswürdigen Musteranstalten besucht und denselben eine ebenso ausführliche wie gründliche Schilderung gewidmet. Wie großartig, ja luxuriös diese Einrichtungen zur Krankenpflege sind, ersieht man schon aus einzelnen nebensächlichen Einzelnheiten. So hat z. B. das Lincoln-Hospital in Washington seine eigene Druckerei, in der alle Befehle, Reglements und Anzeigen gedruckt werden, so wie alle Blanquets für die vielen Rapporte und Rechnungsberichte, die alsdann nur ausgefüllt zu werden brauchen. Ein bei dem Hospitale eigens angestellter Photograph beschäftigt sich mit der Aufnahme besonders interessanter chirurgischer Fälle. Ein eigenes Postbureau besorgt den Briefwechsel der Kranken, der sich oft auf viele Tausend Briefe monatlich beläuft. Das Hospital hat seine eigene sechszehn Mann starke Musikbande, die bei schönem Wetter zur Unterhaltung der Kranken täglich von vier bis sechs Uhr Nachmittags heitere Musikstücke ausführt.

In einem anderen Hospital in Washington, in welchem 1400 Betten und von diesen 1120 belegt waren, war im bedeckten Corridor, der von der Küche um das Ganze läuft, eine Eisenbahn angebracht, auf der kleine Wagen die Speisen zu den Krankenpavillons führten. Jeder von diesen kleinen Wagen hatte einen doppelten Boden, in dem eine Spirituslampe brannte, um die Speisen warm zu erhalten. Mit der Ausnahme, daß bei einigen heißes Wasser statt der Spirituslampe gebraucht wird, findet sich diese Einrichtung bei allen Generalhospitälern; sie trägt wesentlich zur Ordnung und Reinlichkeit bei und bringt zugleich eine große Ersparniß an Leuten mit sich, indem nur ein Mann zum Fortschieben mehrerer Wagen erforderlich ist. Das Abfahren von der Küche, sowie das Zurückbringen des leeren Geschirres geschieht auf ein bestimmtes Signal, wodurch die Speisezeit streng eingehalten und Unordnung und Unreinlichkeit vermieden wird. – Noch interessanter ist, daß in der Druckerei des Mowet-Hospitals bei Philadelphia, dessen Aufbau und innere Einrichtung 223,000 Dollars gekostet hat, bei dem 1695 Beamte und Diener angestellt sind und das durch den Verkauf der Küchenabfälle monatlich 900 Dollars einnimmt, ein eigenes Wochenjournal gedruckt wird, welches der Geistliche redigirt und den Kranken unentgeltlich zustellen läßt. Einzelne Kranke betheiligen sich an der Ausgabe durch kleine Aufsätze über ihre Erlebnisse im Kriege, oft auch durch kleine poetische Erzeugnisse.