Die Nixen vom Schluchsee auf der Hochzeit
Zwei Schwestern, zwei Nixen vom Waldschluchtsee,
So duftig wie Thau, so zart wie der Schnee,
So leicht, wie die Nebel verwehen –
Die hüpften zum Vater, dem Alten so grau:
Zur Hochzeit möchten wir gehen!“
Der Alte nickte das bärtige Kinn
Und sprach: „Ihr Töchterlein, geht nur hin,
Und laßt es euch baß behagen;
Eh’ die Unke ruft und der Schuhu schreit,
Hat’s Sterbestündlein geschlagen.“
Da hüpften die Nixen zur Grotte hinein,
Zu heben den Putz aus korallenem Schrein,
Ein seegrün schimmerndes Festgewand,
Korallen und Perlen und schilfenes Band
Und zierlich geflochtene Schuhe.
Nun tauchten sie auf aus Grotten so tief
Im abendlich hegenden Dunkeln,
Und huschten im rauschenden Schilfe hervor
Und eilten hinab durch das buschige Moor;
Die Spuren der Flüchtigen funkeln.
Im Dorfe zum Tanze die Tenne entlang,
Und lustig schwirrten die Geigen,
Und Burschen und Jungfern, so schmuck zu erschau’n,
Und rüstige Männer und wackere Frau’n,
Da traten die Fräulein vom See herein
Mit leuchtenden Augen und glitzerndem Schein
Von seegrün schimmernder Seide,
Verneigten sich gegen der Gäste Schaar,
Im hochzeitprangenden Kleide.
Wohl faßte die Burschen und Jungfern ein Graun,
Dieweil sie die Nixen vom See da schauen
In ihrem gespenstigen Glanze;
Die suchten sich ihrer Gunst zu bemühen
Und forderten keck sie zum Tanze.
Die Pfeifen ertönten, die Zither erklang
Zum Tanze die Tenne des Hauses entlang,
Wie kosten sie minnig im wechselnden Scherz,
Da ward es den Burschen so warm um’s Herz,
Da ward es den Tänzern so traulich! –
Doch als es nun gegen die Mitternacht war,
Der Nixen nun trüber und trüber:
„Ach, lieben Freunde!“ sprachen sie leis,
„Jetzt ruft uns des Vaters strenges Geheiß,
Wir müssen zur Heimath hinüber.“
Da widerstanden sie nimmer dem Drang,
Und sprachen zu ihnen mit Leiden:
„Ach, wie’s vor der Strafe so sehr uns bangt!
Ach, bis wir hinüber zum See gelangt,
Drauf eilten sie fort von dem Hochzeitstanz,
Und wie sie gingen im Mondesglanz,
Da horchten die Schwestern mit Grausen:
„Ach, hört ihr wohl, wie der Vater keift!“
Die hörten den See nur brausen.
Jetzt standen die Nixen am schilfigen Rand
Und reichten den Burschen die weiche Hand
Und ließen sich herzlich küssen,
Wenn nicht des Vaters Groll von uns weicht,
Auf immer uns trennen müssen!
Doch bleibet jetzt hier am Ufer steh’n
Und harrt, bis daß wir euch nicht mehr seh’n;
Und wenn es tief unten tobet und bebt,
Und wenn sich der See blutschäumig erhebt:
Dann sehn wir uns nimmer wieder.“
Verschwunden waren die Nixen im Nu,
Wo ängstlich die Burschen lauschen;
Die Thurmuhr fern schlägt Mitternachtszeit,
Die Unken rufen, der Uhu schreit, –
Bang tönet des Schilfes Rauschen!
Hat’s nicht tief unten im See gestöhnt,
Wie schmerzlich dumpfes Gewimmer?
Und plötzlich seh’n sie, von Schreck erbebt,
Wie sich blutschäumig die Welle hebt
Wohl floh’n sie von Angst ergriffen fort,
Wohl mieden sie fürder den einsamen Ort,
Der Zeuge des Spuck’s gewesen;
Doch sind seit jener Mitternachtszeit
Die Bursche nimmer genesen.