Die Meerfrau
Der König eine Meerfrau greifen läßt,
Und setzet in den Thurm sie fest,
Die Königin ruft zwey Gesellen zu sich:
Bittet die Meerfrau zu gehen vor mich.
Was wollt Ihr Königin, was rufet ihr mir?
Die Königin streicht übers Kissen blau,
Setz dich Meerfrau, und ruhe darauf.
„So wollt ihr verrathen den junge Leib mein,
Und weißt du das, auch mehr du weißt,
Sag mir von meinem Schicksal das meist.
„Weiß ich dein Schicksal und sag es dir,
Du läßt mich im Feuer verbrennen hier.“
Dein junger Leib der ist dahin.
Soll mir’s ergehen nicht besser hie,
Sag mir, welch Schicksal empfangen sie?
„Der eine wird König von Dänemark seyn,
Der dritte wird werden so weis ein Mann,
Für ihn mußt du dein Leben lan.
Die Königin zog über ihr Haupt das Kleid,
Sie ging vor den König in die Stube ein.
Gebt mir doch diese Meerfrau fein.
Der Meerfrau Leib nicht geb ich dir,
Sie verräth meine sieben Schifflein mir.
Wie die Erde schwarz wird die Königin,
Meine Liebste, nehmt das euch nicht so an,
Folgt ihr mit allen Jungfrauen zum Strand.
Sie kleidet die Meerfrau in Scharlachroth,
Weil sie weisagt ihren eignen Tod.
Zur See folgt Ihr der Meerfrau hin.
Auf Wellen blau wird die Meerfrau gebracht:
Die Königin weint gar niemand lacht.
Ihr dürft nicht weinen, weint nicht vor mir,
Im Himmelreich sollst du bauen und leben,
Da wird dir erst Stille und Ruhe gegeben.