Die Liebesbriefe der Marquise/Ausklang
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Teure Frau Marquise. Seit gestern bin ich mit dem Leben versöhnt.
Nach Jahrzehnten eines abenteuerreichen Daseins suchte ich die Stätte auf, wo jeder Baum und jede Blume mir heilig sind, an einem Tage, da ich, fast noch ein Knabe, meines Herzens einziges Glück zum erstenmal in die Arme geschlossen hatte.
Ich ging die Allee hinunter, am ausgetrockneten Teich, an verwilderten Hecken vorbei, dem kleinen weißen Schlößchen zu, das mir verträumt entgegensah.
Da bemerkte ich, dicht davor auf den verwitterten Stufen sitzend, eine schwarze Gestalt, den verschleierten Kopf in den Händen vergraben.
Und als ich hastig nähertrat, blickten mich plötzlich zwei Augen an, – zwei Augen, die mir überall bis zu den Eisfeldern Rußlands wie wundertätige Sterne geleuchtet hatten –, Deine Augen, Delphine!
Wir haben beide geweint –, es waren, glaube ich, Freudentränen!
Morgen will ich nach Italien zurück. Seit der Kaiser starb, ist Frankreich die Fremde für mich. [466] Ich breche das Versprechen, das ich Dir gab: ich komme nicht mehr nach Laval.
Ich will mir durch keine trübselige Greisenfreundschaft die Erinnerung an Deine Treue, Deine Liebe zerstören.