Zum Inhalt springen

Die Irrenden

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Johann Gottfried Herder
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Irrenden
Untertitel:
aus: Zerstreute Blätter (Fünfte Sammlung), S. 5–6
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1793
Verlag: Carl Wilhelm Ettinger
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Gotha
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google = Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite
Die Irrenden.


Im Collegium der Experimental-Philosophie ist ein großes Stockwerk denen angewiesen, die bey kühnen Versuchen ihren Zweck nicht erreichten. Da wohnen Mathematiker, die sich um die Quadratur des Cirkels vergebens bemühten; Scheidekünstler, denen der Stein der Weisen im Rauche davon flog; Mechaniker, denen ihr perpetuum mobile stillstand; und andre sinnreiche Köpfe, denen ihre kostbare Mühe um die Geheimnisse der Natur mißlang.

Ein vorübergehender Zuschauer (Mikrolog ist sein Name) lachte sie höhnend an und warf ihnen Verwegenheit vor. „Ei welch ein Irrgeist, sprach er, hat diese Hochmüthigen verführt, die geschlagene Bahn des Erfundenen zu verlassen, und sich in Abwegen der Neugier zu verlieren?“

Cardan einer der Vorgesetzten über diese Schatzgräber der Natur, ertrug den beleidigenden Vorwurf nicht. „Und du, antwortete er, hast nicht vermocht zu irren. Armselige Sache, zu irren nicht vermögen! Nach unsrer Art auf Abwege gerathen, ist eines zu hohen Gemüths Kennzeichen, als daß es einer niedrigen, im Kothe sich schleppenden Seele zu Theil werden könnte. Uns gefällt zu versuchen; Du mußt bleiben lassen. Wir dörfen fragen; Du mußt glauben. Wir mögen zweifeln; Du mußt gehorchen. Wie erforschen; und dann befehlen wir Dir. Präge dir also ein, daß es keinen edleren Künstler giebt, als der durch eigne Fehler, Fehler vorauszusehen und zu vermeiden gelernt hat; keinen edleren Naturforscher, als der, obwohl mit rühmlichen Fehltritten, die ganze Natur durchschreitet. Wenn sein Fall ihn als einen Menschen zeigte; so kam er dadurch, daß er nichts Mittelmäßiges anstrebte, beinahe dem gleich, der das Höchste erfaßte.