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Die Hochzeit von Sanct Wolfgang

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Textdaten
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Autor: Heinrich Vierordt
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Titel: Die Hochzeit von Sanct Wolfgang
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 660
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1890
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[660]
Nachdruck verboten.
Alle Rechte vorbehalten.

Die Hochzeit von Sanct Wolfgang.

Ballade von Heinrich Vierordt.0 Mit Abbildung von Hugo Engl.

Im Froste starrt die Winterszeit,
Dreikönigstag ist nicht mehr weit.

Rings gleißt der Alpen steiler Wall
Als wie ein Harnisch von Krystall.

5
Im Dorf Sanct Wolfgang, dicht am See,

Schallt aus dem Wirthshaus froh Juchhe.

Der See liegt, hart gefroren zu,
In träger trüber Todtenruh.

Im Freien draus friert’s Stein und Bein,

10
Im Tanzsaal schwebt der Hochzeitsreihn.


In Myrthen strahlt das Hochzeitspaar;
Frohlockend ruft der Gäste Schar:

„Die Nacht ist klar, manch Sternlein brennt,
Wir bringen euch noch heim nach Gschwend.

15
Der See ist zu, drum sei heut Nacht

Auf ihm der Brautlauf frisch vollbracht.“

Baßgeig’ und Fiedel sind verstummt,
In Pelzwerk sich die Schar vermummt.

Sie zünden helle Fackeln an,

20
Im Schleier hüpft die Braut voran.


Kein Tropfen Wein mehr blinkt im Krug,
Von dannen sträubt und schwirrt der Zug.

Wo sonst die Fluth spült um den Kahn,
Glänzt weithin die krystallne Bahn.

25
Auf die verschneite Fläche wagt

Die Schar sich lachend, unverzagt.

Nach Brautlaufart, zu Zwein und Zwein,
Geht’s wirbelnd auf den See hinein:

Wie glänzen die Gesichter hell

30
Im Strahl der Lichter roth und grell!


Auf der bereiften Ebne Grund
Der Schein sich bricht und spiegelt bunt.

Heiß auf den Schnee, der hoch sich häuft,
Das Pech der Fackeln schmelzend träuft.

35
Der Mond im gelben Nebelflor

Klimmt traurig hinterm Berg hervor.

Im Uebermuth sie tanzen nun
Mit schwerbeschlagnen Nagelschuhn.

Von unten, Gott, welch schriller Klang!

40
Im Eise quillt der Wasser Drang.


Es knistert, gurgelt, surrt und klingt,
Die weite Spalte klafft und springt.

Die Scholle klirrt, die Kruste bricht,
Im Gischt verzischt der Fackeln Licht.

45
Weh, wie viel ros’ge Lebensgluth

Verlischt in eisig nächtger Fluth!

Trübselig spinnt der Nebelduft
Um grauer Blöcke kalte Gruft.

50
Im Mondlicht glitzern Eis und Schnee –

Ein Glöcklein läutet überm See.

[661]

Die Hochzeit von Sanct Wolfgang.
Zeichnung von Hugo Engl.