Die Gruft der Fürsten
Von Schubart auf Hohenasberg.
Ehmals die Götzen ihrer Welt,
Da liegen sie vom fürchterlichen Schimmer
Des blossen Tags erhell’t.
Verwesungsgruft, wie faules Holz.
Wie matt die grossen Silberschilde funkeln
Der Fürsten letzter Stolz.
Entsetzen packt den Wandrer hier beym Haare
Wo Eitelkeit, gelehnt an eine Bahre,
Aus holem Auge schaut.
Ein jäher Tritt stört seine Ruh,
O Mensch, wie klein bist du!
Denn ach, hier liegt der edle Fürst, der Gute
Zu Völker Seegen einst gesandt,
Wie der, den Gott zur Nationenruthe
An ihren Urnen weinen Marmorgeister,
Doch kalte Thränen nur von Stein,
Und lächelnd grub vielleicht ein welscher Meister
Sie einst in Marmor ein.
Die ehmals hoch herabgedroht;
Der Menschheit Schrecken, denn an ihrem Nicken
Hieng Leben oder Tod.
Den Weisen, der am Thron zu hart gesprochen,
In harte Fesseln schlug.
Zur morschen Ripp’ ist nun die Brust geworden,
Einst eingehüllt in Goldgewand,
Wie zwey Kometen stand.
Vertrocknet und verfault sind die Kanäle
Wo geiles Blut wie Feuer floss,
Das schäumend Gift der Unschuld in die Seele,
Sprecht Höflinge, mit Ehrfurcht auf der Lippe,
Nur Schmeicheley ins taube Ohr,
Beräuchert das durchlauchtige Gerippe
Mit Weyrauch, wie zuvor.
Und wiehert keine Zoten mehr,
Damit beschminkte Zofen ihn befächeln
Schaamlos und geil, wie er.
Sie, die im erznen Busen niemals fühlten
Und Gottgeschaffne bessre Menschen hielten
Für Vieh, bestimmt zum Frohn.
Die das Gewissen, jenen mächt’gen Kläger,
Der unsre Schulden niederschreibt,
Und Jagdhorn, übertäubt.
Die Hunde nur, und Pferd’ und geile Dirnen
Mit Gnade lohnten, und Genie
Und Tugend darben liessen – denn das Zürnen
Mit Staub und Würmern zugedeckt,
Wie stumm, wie ruhmlos! Noch von keinem Gotte
Zum Leben aufgeweckt.
Ihr Schaaren, die sie arm gemacht,
Verscheucht die Raben, dass von ihren Krächzen
Kein Wütrich hier erwacht.
Hier klatsche nicht des armen Landmanns Peitsche,
An diesem Gitter weile nicht der Deutsche,
Der siech vorüber keucht.
Hier weine nicht der bleiche Waisenknabe
Dem ein Tyrann den Vater nahm,
Von fremden Solde lahm:
Seyd menschlicher, erweckt sie nicht!
Ha, früh genug wird über ihnen krachen
Wo Todesengel nach Tyrannen greifen
Wenn hier im Zorn der Richter weckt,
Und ihre Greu’l zu einem Berge häufen,
Der flammend sie bedeckt.
Im Nachtgewölbe dieser Gruft,
Schon schreitet euer Geist im Paradiese
Gehüllt in Blütenduft.
Jauchzt nur entgegen jenem grossen Tage,
Wie Sternenklang tönt euch des Richters Waage,
Drauf eure Tugend liegt.
– Ihr habt sie satt und froh gemacht, –
Wenn ihr zum Lohn erwacht.
Wie wirds euch seyn, wenn ihr am Sonnenthrone
Des Richters Stimme wandeln hört,
Ihr Brüder, nehmt auf ewig hin die Krone,
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Brder