Zum Inhalt springen

Die Gruft der Fürsten

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Christian Friedrich Daniel Schubart
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Die Gruft der Fürsten
Untertitel: Von Schubart auf Hohenasberg
aus: Vorlage:none
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1786
Verlag: Vorlage:none
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Djvu auf Commons
Kurzbeschreibung: Dieses Gedicht schrieb Schubart während seiner zehnjährigen Gefangenschaft auf dem Hohenasperg, wo er wegen Auflehnung gegen die Tyrannei der Fürsten von 1777 bis 1787 einsaß.
Lang- + Rund-s wurden als ss transkribiert
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
[[index:|Indexseite]]


[1]
Die Gruft der Fürsten.

Von Schubart auf Hohenasberg.

[2]
Da liegen sie, die stolzen Fürstentrümmer,

Ehmals die Götzen ihrer Welt,
Da liegen sie vom fürchterlichen Schimmer
Des blossen Tags erhell’t.

5
Die alten Särge leuchten in der dunklen

Verwesungsgruft, wie faules Holz.
Wie matt die grossen Silberschilde funkeln
Der Fürsten letzter Stolz.

Entsetzen packt den Wandrer hier beym Haare

10
Giesst Schauer über seine Haut,

Wo Eitelkeit, gelehnt an eine Bahre,
Aus holem Auge schaut.

[3]
Wie fürchterlich ist hier des Nachhalls Stimme!

Ein jäher Tritt stört seine Ruh,

15
Kein Donner spricht mit schreckenvollerm Grimme:

O Mensch, wie klein bist du!

Denn ach, hier liegt der edle Fürst, der Gute
Zu Völker Seegen einst gesandt,
Wie der, den Gott zur Nationenruthe

20
Im Grimm zusammenband.


An ihren Urnen weinen Marmorgeister,
Doch kalte Thränen nur von Stein,
Und lächelnd grub vielleicht ein welscher Meister
Sie einst in Marmor ein.

25
Da liegen Schädel mit verloschnen Blicken,

Die ehmals hoch herabgedroht;
Der Menschheit Schrecken, denn an ihrem Nicken
Hieng Leben oder Tod.

[4]
Nun ist die Hand hinweg gewelkt zum Knochen,
30
Die oft mit kaltem Federzug

Den Weisen, der am Thron zu hart gesprochen,
In harte Fesseln schlug.

Zur morschen Ripp’ ist nun die Brust geworden,
Einst eingehüllt in Goldgewand,

35
Woran ein Stern und ein entweihter Orden

Wie zwey Kometen stand.

Vertrocknet und verfault sind die Kanäle
Wo geiles Blut wie Feuer floss,
Das schäumend Gift der Unschuld in die Seele,

40
Wie in den Körper goss.


Sprecht Höflinge, mit Ehrfurcht auf der Lippe,
Nur Schmeicheley ins taube Ohr,
Beräuchert das durchlauchtige Gerippe
Mit Weyrauch, wie zuvor.

45
[5]
Es steht nicht auf, euch Beyfall zuzulächeln,

Und wiehert keine Zoten mehr,
Damit beschminkte Zofen ihn befächeln
Schaamlos und geil, wie er.

Sie, die im erznen Busen niemals fühlten

50
Die Schrecken der Religion,

Und Gottgeschaffne bessre Menschen hielten
Für Vieh, bestimmt zum Frohn.

Die das Gewissen, jenen mächt’gen Kläger,
Der unsre Schulden niederschreibt,

55
Durch Trommelschlag, durch wälsche Trillerschläger

Und Jagdhorn, übertäubt.

Die Hunde nur, und Pferd’ und geile Dirnen
Mit Gnade lohnten, und Genie
Und Tugend darben liessen – denn das Zürnen

60
Der Geister weckte sie. –


[6]
Da liegen nun in dieser Schauer-Grotte

Mit Staub und Würmern zugedeckt,
Wie stumm, wie ruhmlos! Noch von keinem Gotte
Zum Leben aufgeweckt.

65
Weckt sie nur nicht mit eurem bangen Aechzen,

Ihr Schaaren, die sie arm gemacht,
Verscheucht die Raben, dass von ihren Krächzen
Kein Wütrich hier erwacht.

Hier klatsche nicht des armen Landmanns Peitsche,

70
Die Nachts das Wild vom Acker scheucht,

An diesem Gitter weile nicht der Deutsche,
Der siech vorüber keucht.

Hier weine nicht der bleiche Waisenknabe
Dem ein Tyrann den Vater nahm,

75
Nie fluche hier der Krüppel an dem Stabe

Von fremden Solde lahm:

[7]
Damit die Quäler nicht zu früh erwachen;

Seyd menschlicher, erweckt sie nicht!
Ha, früh genug wird über ihnen krachen

80
Der Donner am Gericht;


Wo Todesengel nach Tyrannen greifen
Wenn hier im Zorn der Richter weckt,
Und ihre Greu’l zu einem Berge häufen,
Der flammend sie bedeckt.

85
Ihr aber, bess’re Fürsten, schlummert süsse

Im Nachtgewölbe dieser Gruft,
Schon schreitet euer Geist im Paradiese
Gehüllt in Blütenduft.

Jauchzt nur entgegen jenem grossen Tage,

90
Der aller Fürsten Thaten wiegt.

Wie Sternenklang tönt euch des Richters Waage,
Drauf eure Tugend liegt.

[8]
Ach unterm Lispeln eurer frohen Brüder[1],

– Ihr habt sie satt und froh gemacht, –

95
Wird eure volle Schaale sinken nieder,

Wenn ihr zum Lohn erwacht.

Wie wirds euch seyn, wenn ihr am Sonnenthrone
Des Richters Stimme wandeln hört,
Ihr Brüder, nehmt auf ewig hin die Krone,

100
Ihr seyd zu herrschen werth.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Brder