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Die Frau von Altdorf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Ludwig Pfau
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Titel: Die Frau von Altdorf
Untertitel:
aus: Gedichte
Herausgeber:
Auflage: 2
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Franckh'sche Verlagshandlung
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Erscheinungsort: Stuttgart
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scan der Bayerischen Staatsbibliothek (bzw. Google)
Kurzbeschreibung: Die Welfensage als Ballade (Altdorf ist das heutige Weingarten)
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[269] Die Frau von Altdorf.

Zu Altdorf war ein stolzes Weib,
In Sammet ging ihr schöner Leib;
Sie saß im hohen Saale,
Und Becherklang und Jubelruf,

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Die wälzten sich zu Thale.


Doch horch’! wer pocht und klopft am Thor?
Die Frau von Altdorf trat hervor:
„Wer hat mich angerufen?“
Drei Kinder und ein Bettelweib,

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Die saßen auf den Stufen.


„Brod meinen Kindern!“ – „Weg die Brut!
Ha! muß ob euch ein adlich Blut
Vom Feste niedersteigen?
Wer keine Kinder nähren kann,

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Der muß auch keine zeugen!“


[270] „Ihr Reichen! ihr habt von der Welt
Genommen, was euch wohlgefällt,
Was ist’s, was uns noch bliebe,
Wenn nicht das bischen Sonnenlicht,

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Wenn nicht das bischen Liebe?


Da nimm noch meinen Fluch und geh’!
Zwölf Kinder soll mit Ach und Weh
Dein stolzer Leib gebären,
Und dennoch sollst du Mutterlust

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In Ewigkeit entbehren!“


Die Frau von Altdorf ging mit Hohn;
Doch ach! Im Schoose spürt sie schon
Geheimnißvolle Schmerzen,
Und junges Leben sproßt und quillt

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Ihr mächtig unterm Herzen.


Da lag sie nun in Weh und Pein;
Schon ist aus ihres Leibes Schrein
Ein weinend Kind genommen;
Doch Kind um Kindlein ringt sich los,

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Bis zwölf zur Welt gekommen.


Da trat der Burgherr wild herein:
„Kehrt so bei mir der Segen ein?
Sechs Mägdlein und sechs Knaben?
Ha! treulos Weib! – da nehmt die Brut

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Und werft sie in den Graben!“


[271] Was ringst du nun die Hände wund?
Was schaust du weinend in den Grund
Mit aufgelösten Haaren?
Hast du nun Mutterlust und Qual,

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Du Stolze, selbst erfahren?


Und fortan klagt sie den Verlust:
„O Mutterweh, o Mutterlust!
Du willst nicht von mir weichen;
Dich gab Natur dem Weib in’s Herz,

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Dem armen, wie dem reichen.“