Die Fasanenjagd
[667] Die Fasanenjagd. (Mit Illustration S. 661.) Ein klarer Oktobermorgen lacht über der parkartigen Landschaft; die wenig geschlossenen Baumgruppen und das dichte niedrige Gestrüpp prangen in buntem Blätterschmuck und auf den absterbenden Gräsern glitzern Reif und Thau. Aus der Ferne ertönt der heisere Ruf ka – kack. Der Fasanenhahn verräth seine Anwesenheit und lockt den Jäger. Der schmucke Vogel hat jetzt sein prächtigstes Kleid angelegt und um diese Zeit ist auch sein Fleisch am mundgerechtesten. Also auf mit dem Hühnerhund zur Fasanenjagd! Zu den interessantesten Jagden dürfte sie schwerlich gehören; denn das Wild, dem sie gilt, ist keineswegs schlau und klug. Der Hund eilt vorwärts auf der frischen Fährte; durch Busch und Gestrüpp folgt ihm der Jäger und bald ist das Wild gestellt im vollsten Sinne des Wortes. Der gut geschulte Hund bleibt bei dem Anblick des Vogels stehen, und auch dieser hält, vom Schreck gebannt, still und schaut mit starren Blicken seinen Feind an: eine seltsame Gruppe! Da knackt das dürre Reisig unter den Tritten des nahenden Jägers; der Fasan erwacht aus seiner Starrheit; er flieht gerade aus, ko … ko … ko … tönt sein Angstruf; er steigt mit schwerem Flügelschlag empor und für einen geübten Schützen ist der Schuß wahrlich kein Kunststück. Aber er muß sich beeilen; denn der Fasan weiß sich bald sicher in dem dichten Gestrüpp, und wenn er dasselbe erreicht hat, bietet die Jagd nicht unerhebliche Schwierigkeiten. Wiederholt wird das Wild aufgetrieben; aber in dem Labyrinth von Dornhecken und niedrigen Büschen versteht dasselbe, den Hund und den Jäger unzählige Male zu täuschen. Dann wird die Fasanensuche mit einem Male ein schwieriges Waidwerk; dann erfordert auch sie kaltes Blut und mehr als eine andere die Kenntniß des Terrains.
Freilich, ein Fasan gleicht nicht dem anderen. Bei uns ist er ein fremder, von Menschen eingeführter und von Menschen gepflegter Vogel. Obwohl er in parkartigen Waldungen in Freiheit gesetzt wird, bleibt er in der Regel keineswegs sich allein überlassen. In der Brutzeit sucht man mit Hunden das Terrain ab und sammelt aus den Nestern die Fasaneneier, welche daheim auf dem Hühnerhofe oder in der Fasanerie die Truthenne ausbrütet; denn für das junge Fasanengeschlecht ist diese eine viel sorgsamere Mutter als die Fasanenhenne.
Der Aufenthalt im Geflügelhofe schärft keineswegs die Sinne unseres Vogels, und wenn er auch später freigelassen wird, so haftet ihm doch immer etwas von dem träumerischen Charakter unseres Hühnervolkes an: er bleibt ein halbgezähmter Vogel, welcher dem Jäger ein leichtes Spiel bietet.
Hier und dort findet man jedoch Fasanen, die schon seit Generationen in der Freiheit großgewachsen sind, und es unterliegt keinem Zweifel, daß diese im Kampf ums Dasein gestählten und vorsichtig gemachten Naturen ein schwer zu erlegendes Wildgeflügel abgeben.
Auf alle Fälle aber ist die Aufzucht eines größeren Bestandes von Fasanen stets mit vieler Mühe verbunden, und der Fasan bleibt immer ein „theurer Braten“, der mehr kostet, als er werth ist. *