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Die Fabrikschornsteine und der Wind

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Bw.
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Titel: Die Fabrikschornsteine und der Wind
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 448
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1897
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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[448] Die Fabrikschornsteine und der Wind. Es dürfte den wenigsten Lesern bekannt sein, daß die hohen Schornsteine der Hüttenwerke und Fabriken sich bei starkem Winde genau so verhalten wie ein Baum oder Rohr. Trotz ihrer vorzüglichen Materialien, ihrer sorgfältigen Bauweise und einer Stärke, die mitunter 3 bis 5 m erreicht oder übersteigt, bilden diese bisweilen kirchturmhohen Obelisken der Industrie im Sturm keine starren Körper, sondern elastische, pendelnde Säulen. Die 140 m hohe Halsbrückener Esse bei Freiberg i. S. schwankte, durch einen Theodolithen beobachtet, bei einem Sturm von 16 m Geschwindigkeit in der Sekunde mit der Spitze um 5 bis 10 cm hin und her, wobei die Mündung regelmäßige Ellipsen um ihre Axe beschrieb. Und doch ist diese Windstärke, die auf den Quadratmeter Fläche einen Druck von 31 kg ausübt, keineswegs ungewöhnlich groß. In den Niederlanden sind Winddrucke bis 150, in Paris 173, in Wien 190 kg beobachtet worden. An umgestürzten Schornsteinen hat Hänisch berechnet, daß einzelne Windstöße bis zu 200 kg Druck entwickeln können, und Eisenbahnbeobachtungen haben ähnliche Ziffern geliefert. Solchen Wirkungen vermag natürlich nur ein mit guter Berechnung gebauter Schornstein Trotz zu bieten, und da mit Beginn der neueren Industrieepoche, als man noch keine Ahnung von den wirklich vorkommenden Winddrucken hatte, die Schlote ohne weiteres nach alten Bauregeln aufgeführt wurden, mußte notwendig einmal eine aufklärende Katastrophe erfolgen. So warf denn ein starker Orkan, der am 12. März 1876 über die rheinische Industriegegend hinfuhr, mit einem Schlage 90 große Fabrikschornsteine um. Infolge dessen forderte man laut eine polizeiliche Ueberwachung der Stabilität der Schornsteine, und als 1879 durch den schrecklichen Einsturz der Taybrücke die Gewalt des Sturmes noch einmal auf unwiderlegliche Weise klargemacht wurde, erfolgte im Bau der Schornsteine ein wesentlicher Umschwung. Die Technik ist so weit fortgeschritten, daß heute selbst sehr hohe Schornsteine gegen einen Winddruck von 300 kg gesichert werden können. Bw.