Die Einbürgerung fremdländischer Thiere und die Schopfwachtel
Die Bestrebungen, welche sich auf Einbürgerung fremdländischer Thiere und Pflanzen in unserem Vaterlande richten, werden im Allgemeinen viel zu wenig gewürdigt und demgemäß auch nur von einzelnen Gleichdenkenden unterstützt. In Berlin besteht seit Jahren ein „Akklimatisationverein“; derselbe wird mit ebenso viel Eifer als Geschick geleitet, unterhält Schriftwechsel und Austausch mit Sachverständigen in aller Herren Länder und hat sich um Ackerbau, Forstpflege, Seidenzucht und andere in seinen Wirkungskreis [332] einschlagende Zweige namhafte Verdienste erworben, es aber doch nur bis auf kaum vierhundert Mitglieder gebracht. Wenige Thaler Jahresbeitrag gewährleisten letzteren Rechte, welche im günstigsten Verhältnisse zu den geringen Verpflichtungen stehen, da sie eigentlich nur als ein Ausgleich für die den Mitgliedern gebotenen Vortheile angesehen werden können; allein man verabsäumt, der gemeinnützigen Anstalt beizutreten, und kümmert sich herzlich wenig um die Nutzen versprechenden Vorschläge, welche von ihr ausgehen. Und doch sieht Jedermann ein, daß es keineswegs gleichgültig ist, welcher Baum in diesem Forste gepflanzt, welche Nähr- oder Nutzpflanze auf jenem Acker gepflegt, welche Birnenart, welcher Seidenwurm gezüchtet, welches Wild gehegt, welches Hausthier gehalten wird. Jeder denkende Land- oder Forstwirth müßte, so sollte man wähnen, sich wenigstens über die Bestrebungen eines solchen Vereines Kunde zu verschaffen suchen, jeder ein Unternehmen begünstigen, welches ihm zu Versuchen in seinem Fache Gelegenheit und Mittel an die Hand zieht; anstatt dessen aber gefällt man sich in dem alten Schlendrian, erwartet Alles von Anderen und thut selbst nicht das Geringste, um den Anforderungen, welche unsere Zeit nun einmal an uns stellt, gerecht zu werden, nämlich: unsere Mittel und Kräfte auf das Beste zu verwerthen. In dieser Hinsicht sind uns die Engländer weit überlegen, aber nur deshalb, weil uns die nöthige Thatkraft zu selbsteigenem Handeln noch immer abgeht.
Seit Beginn dieses Jahrhunderts vernehmen wir die Klage über die Verarmung unserer Wälder und Feldmarken an jagdbarem Wilde, ohne zur Abhülfe derselben etwas wahrhaft Ersprießliches zu thun. Allerdings ist die Klage, so begründet sie auch sein mag, nicht in jeder Hinsicht gerechtfertigt. Kein vernünftiger Forst- oder Landwirth, und wäre er der leidenschaftlichste Jäger, wird sich das Hoch- und Schwarzwild vergangener Jahrhunderte wieder zurückwünschen, weil alle Jagdfreuden den ungeheuren Schaden, welchen die „stolzen Hirsche“ und „wehrhaften Sauen“ in Wäldern und Feldern anrichten, nicht entfernt aufwiegen können; der Eine wie der Andere dagegen wird gern solchen Wildarten, welche unfähig sind, ihm nennenswerthen Schaden zuzufügen, zum Heger und Pfleger werden, um zu anmuthiger Belebung der Gemarken das Seinige beizutragen und zugleich für das jedes Mannesherz begeisternde Waidwerk die unerläßliche Vorsorge zu treffen.
Damit man mich nicht des Widerspruchs eigener Behauptungen zeihe, will ich ausdrücklich bemerkt haben, daß vom wirthschaftlichen Standpunkte keine einzige unserer Wildarten unschädlich genannt werden kann, daß jeder Hase, jedes Rebhuhn, welche erlegt werden, dem Besitzer des Grundes und Bodens, auf dem sie lebten, mehr gekostet, als sie einbringen können, und daß eigentlich nur die als Raubritter verschrieenen, rücksichtslos verfolgten Füchse, Iltisse und Wiesel oder Bussarde, Milane und Eulen als unbedingt nützliche Gehülfen des Forst- und Landwirthes betrachtet werden müssen; ich glaube aber, daß man es gelten lassen darf, wenn ich dem niederen Wilde und selbst dem zur hohen Jagd gehörenden Auergeflügel, als bedingt unschädlichem Gethier, das Wort rede, es sogar um ein Mitglied vermehren möchte in der Hoffnung, dadurch die Klage der Waidgesellen ein wenig zu mildern. Von diesem, bisher nur sehr vereinzelt in Europa freilebenden Wilde ist in dem Eingangs erwähnten Vereine längst, jedoch ohne Nachhall gesprochen worden; von ihm sind Alle, welche es kennen, des Lobes voll; sein Name verdient also wohl, vor dem größten Leserkreise genannt, sein Wesen beschrieben, der Nutzen, welchen es uns bringen könnte und später sicherlich bringen wird, hervorgehoben zu werden. Ich bezwecke jedoch noch mehr: ich will wenigstens anregen zu Versuchen, denen ich unbedingtes Gelingen zusprechen darf, falls sie mit einigem Geschick und der unerläßlichen Ausdauer unternommen werden. Mit Einem Worte: ich will einmal, obschon ohne Auftrag, so doch im Geiste und Namen des „Akklimatisationsvereins in Berlin“ zu Gunsten eines fremdländischen Hühnchens reden.
Es ist eine durch viele Beispiele bestätigte Erfahrung, daß sich fremdländische Thiere und namentlich Vögel bei uns zu Lande in Gefangenschaft leichter fortpflanzen als einheimische. Fremde Hühner insbesondere beweisen diese Thatsache schlagend. Wir haben zwar neuerdings Rebhühner, ja selbst Birk- und Auergeflügel in der Gefangenschaft zur Fortpflanzung gebracht, müssen das jedoch als etwas Außerordentliches betrachten, während wir von einem aus Indien oder Amerika eingeführten Huhn von vornherein annehmen, daß es uns mit Jungen erfreuen wird.
Mehr als andere Glieder der umfangreichen Ordnung der Scharrvögel eignen sich die über Amerika in fast dreißig Arten verbreiteten Baumhühner zur Züchtung in engeren Käfigen, weil ihre Anspruchslosigkeit oder Zufriedenheit mit dem einfachsten Futter die Haltung außerordentlich erleichtert. Dazu kommt bei den nordamerikanischen Arten der Umstand, daß der Frühling ihrer Heimath mit dem unserigen zusammenfällt, eine Versetzung in unsere Gegenden also nicht die wichtigsten Lebensäußerungen verrückt, d. h. zu ungeeigneter Zeit sich regen läßt. Ein jeder Vogel, welcher bei uns eingeführt wird, bringt als Erbtheil der Heimath die Abhängigkeit seiner Lebensäußerungen von den Jahreszeiten des Geburtslandes zu uns herüber: ein der Südhälfte der Erde entstammender beginnt gewöhnlich in unserem Herbst zu brüten, so daß also die zarten Jungen unter den ungünstigsten Verhältnissen zur Welt kommen; ein Vogel dagegen, dessen Fortpflanzung in der Heimath in die Monate unseres Vorsommers fällt, lebt bei uns mehr oder weniger unter denselben Umständen weiter wie vorher. Hierauf ist bei dem Versuch, solchen Vogel in unseren Gauen einzubürgern, vor allen Dingen zu achten. An ein von dem heimathlichen abweichendes Klima gewöhnt sich der Vogel ziemlich leicht, und zwar auffallender Weise an ein rauheres in der Regel leichter als an ein milderes.
Ich schicke diese Bemerkungen voraus, um anzudeuten, daß die Einbürgerung fremdländischer Thiere durchaus nicht so einfach ist, wie man vielleicht annimmt, vielmehr eine ziemlich umfassende Kenntniß aller einschläglichen Verhältnisse erfordert. Daß es sich, abgesehen von allen Fragen der größeren oder geringeren Nutzbarkeit, auch darum handelt, vorher über die natürliche Lebensweise eines Thieres genau unterrichtet zu sein, braucht, als selbstverständlich, nicht besonders hervorgehoben zu werden.
Unter sämmtlichen Baumhühnern nun kenne ich eine Art, welche alle erwünschten Eigenschaften zur Erwerbung des Bürgerrechtes in unseren Waldungen in sich vereinigt: Zierlichkeit der Gestalt, Gefälligkeit der Färbung, Zweckdienlichkeit der Zeichnung, Anmuth des Wesens, Behendigkeit und Gewandtheit der Bewegungen, Klangfülle der Stimme, Verstand, Liebe zu dem Gatten und zu den Kindern, Verträglichkeit mit Ihresgleichen, Anhänglichkeit an den Standort, Genügsamkeit der Ansprüche an das Leben, Gleichgültigkeit gegen unseren Winter, Fruchtbarkeit und Vermehrungsfähigkeit, sowie endlich Schmackhaftigkeit ihres Wildprets. Das ist viel, sehr viel gesagt, aber mit gutem Bedacht ausgesprochen und gewißlich fern von aller Uebertreibung.
Dieses so vielseitig begabte Huhn ist die Schopfwachtel, ihre Heimath Californien. Hier lebt sie in allen Waldungen in sehr großer Anzahl, während des Sommers in Familien, während des Winters oft in Gesellschaften, welche man weder Völker noch Ketten nennen kann, weil sie zuweilen tausend und mehr Stück zählen. An ihrem Standorte hält sie mit solcher Zähigkeit fest, daß man behauptet hat, sie überschreite den Schatten der Waldbäume nicht. Den Vorzug giebt sie Laubwaldungen mit dichtem Unterholz, zumal solchen, deren Flüsse oder Bäche von Weidicht umstanden sind; sie bevölkert, mit Ausnahme zusammenhängender Nadelwälder ohne Unterholz, jede Oertlichkeit von der Tiefe bis zu beträchtlicher Höhe hinauf. Hier hält sie sich keineswegs blos auf dem Boden, sondern, wie das Haselhuhn, dessen Lebensweise mit der ihrigen am ersten verglichen werden darf, auch viel im Gezweige der Bäume auf. Im Winter gräbt sie sich lange Gänge unter dem Schnee, um sich Gräser, Knollen, Sämereien und andere Aeßung zu verschaffen; im Frühling nährt sie sich besonders von Knospen, im Sommer sich und ihre Jungen hauptsächlich von Kerbthieren; im Herbst plündert sie beerentragende Gesträuche. Erkennbaren Schaden bringt sie nicht. Ihr Lauf ist ungemein rasch und äußerst gewandt, ihr Flug sehr schnell und kräftig, geht jedoch in gerader Richtung fort, so daß es dem geübten Schützen leicht gelingt, sie zu erlegen, während sie dem Sonntagsjäger regelmäßig ein Armuthszeugniß ausstellt. Unbeschossen, hält das Volk ziemlich lange vor dem Hund aus, steht dann auf, fliegt unfehlbar dem nächsten Hochbaum zu, drückt sich platt auf einem dicken, wagerechten Ast nieder und verbirgt sich, Dank der Gleichfarbigkeit des Gefieders mit der Rinde der Aeste, auf das Trefflichste, ganz ebenso wie unser Haselhuhn; durch Verfolgung gewitzigt, sucht sie sich bei Erscheinen des Hundes laufend
[333][334] davon zu stehlen und ermüdet dann Hund und Jäger im höchsten Grade.
Der zierliche Schopf spielt bei allen Ereignissen eine wichtige Rolle und bringt verschiedene Gemütsbewegungen ersichtlich zum Ausdruck. Bei gewöhnlichem Verlauf der Dinge trägt ihn die Schopfwachtel fast senkrecht, bei Erregung irgend welcher Art nach vorn gesenkt, so daß er fast auf dem Schnabel aufliegt; bei ruhig sicherem Eindämmern bewegt sie ihn wie spielend auf und nieder. Zum Nest wird auf dem Boden, meist unter einem Büschchen in der Nähe eines dickstämmigen Baumes, eine seichte Vertiefung ausgescharrt, diese mit einigen Gräsern und Blättern leichtfertig ausgekleidet und mit achtzehn bis vierundzwanzig Eiern belegt. Nur die Henne brütet, der Hahn aber wacht, über dem Nest aufgebäumt, für die Sicherheit von Gattin und Brut, zeigt ersterer jedes verdächtige Thier an, welches sich naht, warnt, wenn die Gefahr ernstlich wird, und bewegt dadurch die Henne, vom Nest aufzustehen und durch allerlei Künste der Verstellung, namentlich durch erheuchelte Lahmheit der Flügel, den Feind womöglich, in der Regel auch mit Glück, vom Nest abzuführen, weiter und weiter zu locken und, rasch aufstehend, ihn schließlich als Gefoppten zurückzulaffen. Nach einer Brutzeit von einundzwanzig Tagen schlüpfen die Jungen aus und laufen, sobald sie trocken geworden, unter Führung beider Eltern aus dem Nest.
Etwas Reizenderes als eine Schaar solcher Küchlein giebt es nicht! In der Größe einer Wallnuß vergleichbar, auf der Oberseite borkenartig, unten gelbgraulich gefärbt, oben hübsch gezeichnet, unten eintönig, in ein reiches Kleid von feinsten Dunen dicht eingehüllt, bringen sie gleichsam alle Begabungen ihres Geschlechtes mit auf die Welt. Harmlos altklug schauen die kleinen Aeuglein; behend bewegen sich die schwächlichen Beine, wie rollende Kugeln rennen sie über den Boden dahin. Ungestört folgen sie, bald dicht geschaart, bald sich vereinzelnd, den führenden Eltern, welche sie mit den zartesten Lauten locken und leiten, ihnen zu Liebe an nahrungversprechenden Stellen scharren, ihnen vorpicken und sie so zum Fressen anregen, von Zeit zu Zeit auch zusammenrufen und sie durch Breiten ihrer Bauchfedern und einen besonderen Liebesruf zum Ausruhen einladen, wobei dann jedes von den Eltern ein Trüppchen unter sich nimmt und das kleine, niedliche Völkchen durch allerhand unnütze Beweglichkeit wichtig thut, bis es förmlich mit und unter den schützenden Federn zusammengekehrt wird.
Nach geraumer Zeit geht es weiter und zwar wie vorher, falls nicht die immer lauernde Gefahr zu anderen Maßregeln zwingt. So stolz der stets vorausgehende Vater seines Weges dahinschreitet, so unablässig wacht er über dem Wohle seiner Brut. Jedes größere lebende Wesen, welches er wahrnimmt, stößt ihm Besorgniß ein, er unterscheidet aber genau und weiß die Feinde nach ihrem wahren Werthe zu würdigen. Zeigt sich ein Raubvogel, so flüchtet er und mit ihm die Familie dem nächsten deckenden Gebüsche zu; naht sich ein gefährlicher Vierfüßler, so giebt er sich scheinbar preis, indem er nunmehr die besprochene Verstellung übt, führt er den Bösen so weit ab als nöthig und verschafft der Gattin Zeit, die Küchlein in Sicherheit zu bringen; kreuzt ein sinnenstumpfer Mensch ohne Hund den Pfad, so stehen beide Eltern unter lautem Warnen auf, die gesammte Kinderschaar rennt auseinander und verschwindet vor sichtlichem Auge, wie weggezaubert. Jedes einzelne Küchlein hat im Nu einen Schlupfwinkel gefunden: irgend eine Unebenheit des Bodens, mit welchem das gleichfarbige Kleid unmittelbar daraus verschmilzt, als sei es selbst zu einem Häufchen Erde, zu einem Stück Borke, einem abgefallenen Blatte, einem Büschchen Gras geworden. Ein beharrlicher Beobachter, welcher sich ein Viertelstündchen regungslosen Anstandes hinter dem nächsten, besten Baume nicht verdrießen läßt, vernimmt nach geraumer Zeit den sanften Lockruf der Henne und gewahrt, bei scharfem Hinschauen, wie ein Flaumenball nach dem anderen vom Boden sich loslöst und der Gegend zurollt, aus welcher der Lockruf kam; weiter aber gewahrt er nichts, denn die Familie trifft er heute zum zweiten Male sicherlich nicht an.
Vierzehn Tage später flattert das Völkchen bereits in die Höhe, wenn eine schnüffelnde Räubernase über den Boden gleitet; noch vierzehn Tage später rennt, flattert und fliegt die Kette, je nach den Umständen, und die fast erwachsenen Jungen betragen sich; oft recht vorwitzig dumm; noch vier Wochen später haben sie die Lehrzeit hinter sich, zumal wenn die hohe Schule böser Erfahrung mit an der Erziehung half, halten sich jedoch immer noch in geschlossener Kette und folgen, nunmehr mit Bewußtsein, der Lehre, dem Beispiele des weisen Vaters und Führers.
Im Jahre 1852 kamen die ersten lebenden Schopfwachteln in Europa an, vermehrten sich, ohne besondere Mühwaltung seitens ihrer Pfleger zu verursachen, und gelangten in verhältnißmäßig kurzer Zeit in die Gesellschaftskäfige der Liebhaber und Thiergärtner. Sechs Jahre später ließ man in Frankreich auf einer geeigneten Oertlichkeit zwei Paare frei, beobachtete sie während des Frühlings und hatte die Freude, sie im Hochsommer von zahlreicher Nachkommenschaft umgeben zu sehen. In Deutschland haben meines Wissens nur die Großherzöge von Mecklenburg und Oldenburg auf mein Ersuchen die so viel versprechenden Hühnchen in ihren Fasanerien züchten lassen, zunächst, um eine namhafte Anzahl gesunde Vögel zu erzielen.
Es unterliegt für den Kundigen keinem Zweifel, daß die Einbürgerung der Schopfwachtel in unserem Vaterlande gelingen muß, falls die am Eingänge genannten Bedingungen erfüllt werden. Die Aufzucht des anspruchslosen Hühnchens verursacht weniger Aufmerksamkeit und, was sehr zu beachten, weit weniger Kosten als die Züchtung des gemeinen Fasans. Aber freilich, ein Fasanenwärter, welcher an alten Ueberlieferungen mit gläubiger Inbrunst festhält, ist zum Pfleger der Schopfwachtel nicht zu gebrauchen: sie verlangt einen ebenso frischen Menschen, wie sie selbst ein frischer Vogel ist. Wer sich mit ihr befassen will, muß verlernt haben, auf Döbel’s „Jäger-Practica“ zu schwören, vielmehr begabt und gewillt sein, ein derartiges Huhn naturgemäß zu behandeln. Das ist sehr einfach, wie aus dem Nachstehenden zur Genüge hervorgehen dürfte.
Der scharfen Aufsicht halber, welche in zahmen, umhegten Fasanerien geführt werden kann, sind diese für die ersten Vornahmen jeder anderen Oertlichkeit Vorzeichen. In ihnen wird ein größeres, in fünf bis zehn Abtheilungen von je vierundsechzig bis einhundertundfünfzig Geviertfuß Bodenfläche geschiedenes Zuchtgebauer hergestellt, so daß es gegen Süden vergittert, übrigens aber gedichtet und zu ungefähr einem Drittheil hinten Überdacht ist. Dieses Gebauer bevölkert man im Herbste mit ebenso vielen Paaren unseres Baumhühnchens, wie man Abtheilungen hat, thut jedoch wohl, die Vögel aus verschiedenen Thiergärten zu beziehen und bis gegen das Frühjahr hin nach dem Geschlecht getrennt zu halten, um Geschwisterbanden möglichst zu lösen, oder aber man wechselt die neuerworbenen Paare aus, indem man zu den vom Thiergarten in Köln bezogenen Hennen die im Thiergarten zu Hannover gekauften Hähne setzt und umgekehrt. Minderbemittelte Liebhaber können auch in hellen Kammern Zuchtversuche anstellen; Käfige im Freien aber sind geschlossenen Räumen immer vorzuziehen, weil der Winter bei guter Fütterung den Schopfwachteln keinen Schaden bringt und der ihnen im Freien mehr als im geschlossenen Zimmer fühlbare Wechsel der Jahreszeit den besten Einfluß auf sie ausübt. Im Zuchtkäfige bringt man mehrere kleine Hügel an, deckt ihren Gipfel mit Moos und umpflanzt sie mit dichtverzweigtem Buschwerk; sie werden später zur Anlage des Nestes erwählt werden. Körner aller Art, Getreide und Sämereien, mit Ausschluß der Hülsenfrüchte (Erbsen, Wicken), Salat- und Kohlblätter, frische Grasspitzen und anderes Grünzeug ist die Nahrung, möglichst wenig Störung die beste Behandlung der Alten; den kleinen Küchlein reicht man Ameisenpuppen und ein wenig hartgekochtes und klargeriebenes Eidotter, später auch etwas Quark, alles mit Maß und nach ersichtlichem Bedürfniß. Mehr ist nicht nöthig; wer Haushühner aufziehen kann, wird bei annähernd derselben Pflege auch Schopfwachteln groß werden sehen.
Nicht alle Hennen brüten selbst; viele legen ein Ei hierhin, das andere dorthin, ohne sich weiter darum zu kümmern. Ihnen muß man im nächsten Jahre einen anderen Hahn zugesellen, ihre Eier von einer Zwerghenne ausbrüten und die Jungen erziehen lassen, diese auch bis zum Herbst in engerem Gewahrsam halten. Anders verfährt man mit den von der Mutter erbrüteten Jungen, falls man deren Freilassung im Sinne hat. Sie sind mit dem vierzehnten bis zwanzigsten Tage ihres Lebens bereits im Stande, zu flattern und mancherlei Gefahren zu entgehen; jetzt also ist es die rechte Zeit, die Familie freizugeben. Die herzliche Liebe der beiden Eltern zu der Brut schärft deren Sinne, bestärkt deren Mißtrauen und macht sie in kurzer Zeit viel vorsichtiger und scheuer, als sie es außerdem geworden sein würden; die Jungen aber lernen von Kindheit an sich ihrer Freiheit bewußt werden [335] und diese Freiheit zu gebrauchen, werden heimisch im Walde und sind in ihm bekannt und mit ihm und seinen Gefahren vertraut, wenn sie ihr Wachsthum vollendet haben. Dann darf man auch die in der Gefangenschaft großgewordenen Schopfwachteln aussetzen, sie finden in jenen Führer und Erzieher.
In diesen Maßnahmen beruht das ganze Geheimniß des Gelingens derartiger Versuche. Alte Vögel auszusetzen, um sie einzubürgern, ist Thorheit – vorausgesetzt, daß man nicht Hunderte zur Verfügung hat –, Alte mit ihren Jungen freizugeben, ist weise. Der so vielfach besprochene „Instinct“, von welchem Jedermann faseln zu dürfen glaubt und dessen Wirken Niemand beweisen kann, hilft dem Thiere, welches sich nicht selbst zu helfen weiß, nicht im Geringsten, aus dem sehr einfachen Grunde, weil er, für einen vernünftig denkenden Menschen wenigstens, nicht vorhanden ist, also auch nicht helfen kann. Durch Erfahrung gewonnene Einsicht aber und Anstrengung der eigenen Fähigkeit fördert das Thier wie den Menschen. Nach solchen Grundsätzen hat man zu verfahren, wenn man Thiere beurtheilen und richtig behandeln will.
Ein Pärchen Schopfwachteln kostet gegenwärtig sechs bis acht Thaler; ein geeigneter Zuchtkäfig für zehn Paare ist mit dreihundert Thalern herzustellen, die Ernährung der zehn Versuchspaare und ihrer Jungen wird mit dreißig bis fünfzig Thalern jährlich zu bewirken sein. Rechnet man hierzu den Ersatz der freigegebenen Paare während eines fünfjährigen Zeitraumes, welcher mir erforderlich zu sein scheint, so ergiebt sich, daß mit einem Aufwande von sechs- bis achthundert Thalern unseren Waldungen ein neues Wild gewonnen werden kann und gewonnen werden wird. Daß dasselbe mit weit weniger Kosten ebenfalls möglich, leuchtet ein; zehn Paare mit Jungen sind genügend, unter günstigen Verhältnissen binnen wenigen Jahren einen Wald zu bevölkern oder zu übervölkern. Wer im Großen versucht, gewinnt unzweifelhaft; wer im Kleinen versucht, kann nur unbedeutend verlieren. Ein Wagniß ist weder in diesem noch in jenem Falle vorhanden.